03.06.: Das 1×1 des Gaffers

Nach einer genaueren Einführung wie man Licht eigentlich misst und was eine gute Belichtung ausmacht, möchte ich mich in diesem Blogpost genauer mit dem Equipment beschäftigen, das auf Filmsets genutzt wird. Dies hilft mir später auch das richtige Equipment für meinen Kurzfilm auszuwählen. Außerdem enthält dieser Blogpost einen kurzen Exkurs in die physikalischen Eigenschaften von Licht.

Lichtquellen

Phil Rhodes teilt Lichtquellen in Tageslicht, Licht aus Glühbirnen (Incandescent), Leuchtstofflampen (bei uns oft fälschlicherweise Neonlampen genannt), Lichtogenlampen (HMI, CMH, Plasma, Xenon) und LED´s ein. Jedem dieser Lichtquellen widme ich nun eine kleine Erklärung.

Tageslicht

Temperatur, Intensität und Qualität von Tageslicht hängt von vielen Faktoren ab, wie Wetter, Uhrzeit, Ort und Seehöhe. Grundsätzlich lässt sich aber definieren, dass Tageslicht an einem wolkenlosen Tag sehr hart und viel stärker als das Umgebungslicht des restlichen Himmels ist. Daraus ergeben sich kantige Schatten und ein Key-to-Fill Ratio von etwa 7:1. An bewölkten Tagen verhalten sich die Wolken wie eine riesige Softbox und erzeugen damit verbunden auch eine fast schattenlose, durchgehende Ausleuchtung. Tageslicht besteht außerdem aus dem vollen Spektrum an sichtbarem Licht, was viele Vorteile bietet.

Exkurs Metamerismus:

Das sichtbare Licht besteht aus verschiedenen Lichtwellen mit unterschiedlicher Wellenlänge. Die Wellenlänge bestimmt dabei in welcher Farbe ein Licht wahrgenommen wird. Natürliches Licht wie Sonnenlicht enthält alle Farben des Spektrums, die dann gemeinsam als weiß wahrgenommen werden. Dies ist aber nicht zwingend nötig. Technische Geräte nutzen ja oft nur drei Farben – Rot, Grün und Blau – und können durch Mischung dieser genauso weiß aussehen. Solche Farben, die für das menschliche Auge gleich aussehen, aber durch Mischung unterschiedlicher Farben entstanden sind, nennt man metamer. Das Problem dabei ist, dass Kamerasensoren aber nicht gleich funktionieren wie das Auge. Stellt man eine Farbe mit einem unvollständigen Spektrum dar, also zum Beispiel nur mit Rot, Grün und Blau, besteht die Gefahr, dass ein Kamerasensor etwa sensitiver auf Grün ist als auf Blau, ein anderer vielleicht umgekehrt. Währen die Farben dann also für den Menschen gleich aussehen, werden sie in den Kameras verschieden aufgezeichnet. Deshalb ist die Farbqualität bei einem vollen Spektrum immer besser als bei einem unvollständigen. Als Faustregel kann man Festhalten, dass jegliche Arten von natürlichem Licht meist ein volleres Spektrum haben als künstliches.1

Glühbirnen

Glühbirnen sind eine der ältesten Formen von Lichtquellen, die aber bis heute bestehen. Da in einer Glühbirne Metall durch Erhitzung zu “verbrennen” beginnt, hat das Licht, das dabei abgesondert wird, einer sehr hohe Qualität, jedoch wird viel von der Energie am Ende nur als Hitze abgesondert. Klassische Glühbirnen, in denen Halogen als Gas enthalten ist, um zu verhindern, dass der Draht wirklich durchbrennt, haben fast alle die gleiche Farbtemperatur: 3200 Kelvin. Damit sind sie sehr warm (oft Tungsten genannt).

Leuchtstoffröhren

Das Licht aus Leuchtstoffröhren ist in seiner Qualität zwar bei weitem nicht mit Glühbirnen und Tageslicht zu vergleichen, hat aber andere Vorteile. So zum Beispiel, dass es automatisch weicher ist. Außerdem entsteht nicht so viel Hitze und die Energie wird besser in Licht umgesetzt.

Lichtbogenlampen (HMI, CMH etc.)

Lichtbogenlampen funktionieren in der Hinsicht ähnlich wie Glühbirnen, als dass in einem abgeschlossenen Raum durch elektrische Spannung etwas zum Glühen gebracht wird. Während das bei klassischen Glühbirnen meist ein Wolfram-Draht ist, sind es bei Lichtbogenlampen meist Gase, die man mit einem Hochspannungsblitz quasi aufwärmt und dann unter Dauerstrom zum Leiten und damit zum Leuchten bringt. Die bekanntesten sind HMI Lampen, die mit Quecksilberdampf funktioniert. Der Vorteil gegenüber klassischen Glühbirnen, liegt in der viel größeren Lichtausbeute. Außerdem sondern die Gase automatisch ein Licht mit etwa 6000 Kelvin ab, was sie super als Tageslichtlampen eignet. Alternativ können in solchen Lichtbogenlampen auch andere Gase und Substanzen vorkommen, wie Xenon. Die Unterschiede bestehen dann etwa in der Effektivität, Farbtemperatur oder Farbqualität.

LED´s

LED´s funktionieren anders als alle bisherigen Lichtquellen. Sie nutzen im Grunde einen negativen und einen positiven Pol und einen Halbleiter, der halb positiv und halb negativ geladen ist. Fließt Strom zwischen diesen Polen wird er als Photon und damit Licht abgesondert. Dies hat unsagbare Vorteile in der Energieeffizienz, da per se kein Objekt glühen oder leuchten muss. Erzeugt aber ein sehr einseitiges Spektrum an Licht. Dieses kann je nach dem genutzten Halbleiter die verschiedensten Farben haben. Um weißes Licht zu erhalten werden dann entweder rote, grüne und blaue LED´s gemischt (was ein sehr unvollständiges Spektrum erzeugt) oder eine blaue LED durch zugabe von Phosphor der gelb leuchtet, zu weißem Licht aufgewertet (was ein volleres aber immer noch nicht volles Spektrum erzeugt).

Durch diese Techniken ergeben sich verschiedenste Möglichkeiten sie in vollständigen LED-Lampen einzubauen. Tageslicht-LED Lampen sind meist nur mit Phosphor-Konvertierten Dioden versehen, das erzeugt hohen Output und ausreichend gute Farbqualität. Bi-Color Leuchten sind meist mit zwei verschiedenen Phosphor-Konvertierten Dioden ausgestattet. Die eine Hälfte bleibt eher bläulich, die andere sehr warm. Durch mischen der Dioden werden dann verschiedene Temperaturen erzeugt, diese sind aber in ihrer Farbqualität nicht optimal. Die dritte Variante, also full color Leuchten sind dann entweder mit drei verschiedenen LED´s, roten, grünen und blauen, oder zusätzlich einer weißen, oder sogar zwei weißen, einer kühlen und einer warmen ausgestattet. Grundsätzlich gilt, je mehr verschiedene Dioden verwendet werden, desto besser die Farbqualität, da sie mehr Farben mischen und damit ein volleres Spektrum erzeugen können. Dies geht jedoch auf die Lichtausbeute, da natürlich nie alle Dioden gleichzeitig leuchten werden.2

Gels

Ist man mit der Farbtemperatur des Lichts nicht zufrieden, gibt es jedoch noch immer eine allerletzte Lösung: Gels. Im Grunde nichts anderes als farbige, lichtdurchlässige Materialien, die man vor den Lichtstrahl hält. Ehemals aus Gelatine (daher der Name) und heute meist aus Polyester, können aber auch Gels natürlich nur bedingt helfen, da sie im Grunde nur gewisse Frequenzen aus dem bestehenden Licht rausblocken und andere durchlassen. Sie fügen kein Licht hinzu. Heißt: Das resultierende Licht ist in seiner Qualität schlechter als davor, da mehr Frequenzen fehlen, es hat eben nur eine andere Farbe. Besteht aber keine andere Möglichkeit, das Licht auf “natürlichere” Weise, direkt beim Entstehungsprozess in der Farbe zu verändern sind Gels natürlich hilfreich. Die wichtigsten sind hierbei CTB´s und CTO´s, was für Color Temperature Blue und Orange steht, also im Endeffekt das Licht abkühlt oder aufwärmt.3

vgl.

  1. Vgl. Rhodes, Phil: Light Sourcs and Lighting Instruments. In: Mullen, Merritt David (Hrsg.) und Hummel, Rob (Hrsg.): American Cinematographer Manual. Eleventh Edition. Los Angeles: The ASC Press 2023. S. 105-108. ↩︎
  2. Vgl. Rhodes, Phil: Light Sourcs and Lighting Instruments. In: Mullen, Merritt David (Hrsg.) und Hummel, Rob (Hrsg.): American Cinematographer Manual. Eleventh Edition. Los Angeles: The ASC Press 2023. S. 125-132.  ↩︎
  3. Vgl. Rhodes, Phil: Light Sourcs and Lighting Instruments. In: Mullen, Merritt David (Hrsg.) und Hummel, Rob (Hrsg.): American Cinematographer Manual. Eleventh Edition. Los Angeles: The ASC Press 2023. S. 143f. ↩︎

Impuls 6: The Possession of Hannah Grace

In meiner zweiten Filmanalyse dreht sich alles um den Horrorfilm The Possession of Hannah Grace, den ich bis dato selbst noch nicht gesehen hatte, aber aus gutem Grund ausgewählt habe. Er war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 2018 nämlich der erste Feature Film der in voller Länge auf einer spiegellosen Sony Kamera, der A7SII, gedreht wurde. Also genau das was ich vor habe.

Generelle Überlegungen

Der gesamte Film spielt in einer Leichenhalle und ist dementsprechend durchgehend Low-Key geleuchtet. Laut dem 1st AC, war dies auch exakt das was das menschliche Auge am Dreh gesehen haben soll. Heißt: Die Dunkelheit wurde nicht durch das Runterziehen der Schatten in der Post erzeugt, sondern das Set war wirklich so dunkel. Laut ihm wurde fast alles auf ISO 3200 geshootet, was eben diese Vorgehensweise ermöglicht hat. Zusätzlich, so hat man es im BTS gesehen, wurde anscheinend etwas gemacht, was ich so als Ratschlag noch in keinem Video gefunden habe: Irgendwie hatte es nämlich den Anschein, dass manche Szenen wirklich von den Practicals geleuchtet wurden. Auch wenn die Practicals, jetzt in diesem Fall keine klassischen Tischlampen hinten am Schreibtisch, sondern fette Neonröhren an der Decke waren, hat mich das doch sehr verwundert. Der (aus meiner Sicht) damit induzierte Effekt war natürlich, dass das Licht automatisch viel toppiger kam, und tiefe Schatten unter den Augen erzeugte. Als Beweis dafür, was ich damit meine, hier zwei Screenshots aus dem BTS des Films. In beiden Fällen kann ich eigentlich nur eine Lichtquelle ausmachen. Im Falle der Spiegelszene wahrscheinlich ein Tube-Light über dem Spiegel, und im Gang die Practicals an der Decke.

Frame 1-3: Die Heldin

Der erste Frame ist ein klassischer Shot im Film. Noch (oder gerade) geht keine Bedrohung von der halbtoten besessenen Leiche im Kasten aus, und die Hauptdarstellerin macht einfach ihren Job als Nachtarbeiterin in der Leichenhalle. Jedoch wird sogar schon hier mit einem extrem starken Kontrastverhältnis im Gesicht und mit extrem hartem Licht gearbeitet. In diesem Fall wird das Key-Light von der nebenstehenden Gerätschaft samt ihrem beleuchteten Arbeitsplatz motiviert, der mit Neon-Röhren ausgestattet ist, wie man in anderen Einstellungen sehen kann. So dunkel wie die Fill-Seite ist, dürfte kaum aus dem Frame draußen wohl eine fette Flag mit negative Fill gestanden sein, um das Gesicht so kontrastig hinzubekommen.

Im zweiten Frame ist sie bei der Einführung in ihren neuen Job zu sehen. Wie in der Einleitung beschrieben, sehr toppig geleuchtet, womöglich sogar wirklich mit den Deckenlampen am Set. Auch hier finde ich die Schatten im Gesicht, diesmal unter den Augen, sehr prominent. Besonders gut gefällt mir aber, wie ihr Chef in dem Licht herausgearbeitet wird. Anscheinend (zumindest soll es so den Eindruck machen) steht er direkt zwischen zwei Neonröhren. Die kameranahe gibt ihm Licht auf die Schulter, die ferne noch weiter hinten auf die Brust, sein Kopf inzwischen ist fast unbeleuchtet. Ich könnte mir vorstellen, dass sie dafür einfach die Practicals (sofern es mit diesen geleuchtet ist) mit schwarzem Stoff innen abgeklebt haben, um zu verhindern, dass sie streuen. Dadurch entsteht dann diese schöne Separation und der hohe Kontrast.

Im dritten und letzten Frame der Heldin wird es schon spannender, denn sie hört die ersten Geräusche und geht diesen auf den Grund. Was auffällig ist: Ab hier werden die Kontraste auf ihr eigentlich immer geringer, da sie als gesamtes immer dunkler wird. Wie vorher kommt das Licht sehr toppig, aber viel schwächer als vorher, was dafür spricht, dass die Practicals vermutlich Tubes sind, die das Team frei in ihrer Helligkeit kontrollieren konnte.

Besonders gut gefallen mir hier die Kontraste um sie herum. Die einzelnen Tische und Arbeitsflächen, die Bildschirme, die roten Knöpfe hinter ihr etc.. In diese Einstellung hätte man wirklich kaum mehr Lichttupfer einfügen können, ohne das es gestellt wirkt, immer schön mit der Separierung, dass zumindest kurz dazwischen schwarz ist. Außerdem ist nicht nur ein Kontrast zwischen hell und dunkel, sondern auch warm und kalt gegeben, da sie eindeutig kühler daherkommt, als die Tischlampen seitlich.

Frames 4-6: Die Besessene

Im ersten Frame ist die Anfangsszene zu sehen, in der der ursprüngliche Exorzismus am Mädchen scheitert. Für mich hier am auffälligsten ist die Farbe des Lichts, denn ihr weißes Gewand scheint eigentlich fast schon türkis, so kalt ist das Licht, das sie für diesen Shot gewählt haben. Das erzeugt natürlich auch auf der Haut extrem unnatürliche Töne, die einem das Gefühl vermitteln, dass hier etwas ganz und gar nicht passt. Verwunderlich finde ich die in diesem Fall recht gleichmäßige Ausleuchtung ihres Gesichts. Vielleicht war hier das Ziel, soviel von der Verrücktheit in ihren Augen mitzunehmen wie möglich.

Dieses fast schon türkise Licht zieht sich auch weiter durch ihre Darstellungen. Im Fall des zweiten Frames aber im Winkel mehr wie ich es eigentlich erwarten würde, nämlich sehr seitlich, mit starkem Kontrast zur Fill Seite. Auch sehr interessant: Das Backlight, das ihre Schultern und Haare vom Hintergrund abhebt. Dieses kommt nämlich aus einer sehr ähnlichen Richtung wie das Key – kann aber meiner Meinung nach nicht das gleiche sein, da sich das physikalisch nicht ganz ausgehen würde. Dadurch erreichen die Filmemacher aber natürlich einen recht interessanten Effekt: Sie können verhindern, dass die Darstellerin im dunklen Hintergrund absäuft, ohne irgendwie die Helligkeit der Fill-Seite angreifen zu müssen, und können diese ganz dunkel lassen.

Im letzten Frame ist dann die Kacke wirklich am Dampfen, denn der Dämon fordert in diesem Moment sein (glaube ich) drittes Opfer. Und drastischer geht es eigentlich auch kaum. Abgesehen davon, dass der Charakter eigentlich völlig absäuft und fast komplett dunkel daherkommt, ist die gesamte Umgebung in der signalstärksten aller Farben geleuchtet und das Spitzlicht an ihren Haaren macht mit dem Sensor der Kamera sowieso was es will. Also eigentlich gibts im gesamten Frame nur die drei RGB Values für schwarz, weiß und rot, mehr ist nicht.

03.05.: Weitere Überlegungen zur “korrekten” Belichtung

Während ich im letzten Blog-Post schon näher darauf eingegangen bin, warum Lichtmesser, egal welcher Art, ein essenzielles Tool für professionelles Filmmaking sind, möchte ich deren Einsatzgebiete in diesem Blog-Post noch etwas ausführen. Jetzt da klar ist was Belichtungsmesser sind und wie sie eingesetzt werden, kommt ja erst die wahre Kunst ins Spiel, nämlich das Bild mit Licht zu kreieren.

Hierzu schlägt Christopher Chomyn von der ASC vor, das sogenannte “Zone System” anzuwenden. Dazu wird das Bild in verschiedene Helligkeitsbereiche, also “Zonen” eingeteilt. Jede dieser Zonen repräsentiert dabei einen Stop an Licht, hat die Kamera mit der man Arbeit also zum Beispiel 14 Stops an Dynamic Range, würde man das resultierende Bild in 14 Zonen unterteilen, wovon die unterste schwarz und die oberste weiß ist.1 Diese Herangehensweise, habe ich so noch nie gehört (zumindest als “Zonen System”), ähnelt dabei aber sehr vielen anderen Ansätzen. So ist im Grunde False Color ja auch nichts anderes, als ein Tool, das einem das Bild in genau solche Zonen unterteilt, auch wenn False Color dabei ja das IRE System verwendet und somit quasi unabhängig von der Dynamic Range des jeweiligen Sensors mit jeder Kamera funktioniert. Auch hat mich die Herangehensweise an jene vom Wandering DP erinnert, dieser spricht ja eigentlich immer nur davon, dass er in jedem Shot die maximale Anzahl von Kontrastunterschieden haben will, also wenn man das Bild von links nach rechts liest, so viele Abwechslungen zwischen hell und dunkel wie möglich. Im Grunde ist das Zonen-System hier nichts anderes, da es diese Kontrastunterschiede nur noch einmal herausstreicht.

Bleibt man bei dieser Herangehensweise, so sind für die Feststellung der Zonen natürlich vor allem Lichtmesser interessant, die das von der Szene reflektierte Licht (und damit ja quasi direkt die jeweilige Zone) ermitteln. Der Umgang mit diesen, so Chomyn, ist zwar etwas umständlich, hat man ihn aber einmal verstanden, auch irgendwo logisch. Im Grunde kann man modernen Lichtmessern die Parameter seiner Kamera einfach sagen, also jene die sich zwischen den Shots im Normalfall nie verändern, nämlich den Shutterspeed und die ISO-Empfindlichkeit. Beim Messen hält man den Lichtmesser dann in Richtung der gewünschten Stelle und dieser Spuckt einen Blendenwert aus, nämlich jenen Blendenwert, den man benutzen müsste, um diese Stelle genau als middle grey darzustellen, ganz egal ob dieser Bereich nun wirklich grau ist oder nicht. Heißt auf Deutsch: Der gemessene F-Stop muss erst interpretiert werden, um damit arbeiten zu können. Misst man etwa eine weiße Wand, und möchte, dass diese auch als weiße Wand im Film wiedergegeben wird, müsste man den gemessenen Wert um 3-4 Stops erhöhen um vom Messwert (Mittelgrau) auf den gewünschten (Weiß) zu kommen, und so weiter.2 Dies erfordert natürlich auch genaue Kenntnis über die eigene Kamera und ihre dynamic range. Hat man diese Erfahrungen jedoch gemacht und das System gemeistert, gibt es wohl kaum einen genaueren Weg um das Bild genau so zu bauen, wie es einem beliebt.

Eine weitere Überlegung bei der Belichtung ist aber auch eine gewollte Über- oder Unterbelichtung, vor allem das allseits bekannte ETTR. Zu diesem hat Chomyn aber auch interessante Überlegungen angestellt, auf die ich wohl erst durch eigene Fehler selbst gekommen wäre. Im Grunde geht es bei ETTR ja um nichts anderes, als so hell wie möglich zu belichten, ohne die Highlights zu klippen, um das gesamte Bild über den noise-floor der Kamera zu bringen und später dann in der Helligkeit anzupassen. Grundsätzlich ist das nichts schlechtes, es kann aber auch zu Problemen führen. Denn viel schlimmer als starker Noise im Bild, so Chomyn, ist verschieden starker Noise in aufeinanderfolgenden Shots. Und gerade bei ETTR könnte dies auftreten. Etwa wenn man eine Szene filmt, in der jemand zuerst in einem düsteren Raum sitzt, bis ein andere Person zum Beispiel die Rollo hinaufzieht. Im ersten, düsteren Shot, würde man extrem überbelichten, um die Schatten komplett hinaufzubekommen, weil man ja auch keine hellen Stellen im Bild hat, die potenziell klippen könnten. Behält man diese Belichtung bei, wenn die Rollo hinaufgeht, würde aber natürlich alles sofort ausbrennen, daher müsste man für den zweiten Shot die Belichtung dahingehend anpassen, dass auch die neue Lichtquelle von draußen nicht clipped. Das würde natürlich eine viel dunklere Belichtung für den Innenraum, und daher viel mehr Noise bedeuten. Vermutlich sogar einen so großen Unterschied, dass es völlig amateurhaft aussieht. Chomyn empfiehlt daher ETTR in ausgewählten Sequenzen einzusetzen, in denen es möglich ist, aber nicht immer anzuwenden.3

  1. Vgl. Chomyn, Christopher: Measuring Light. In: Mullen, Merritt David (Hrsg.) und Hummel, Rob (Hrsg.): American Cinematographer Manual. Eleventh Edition. Los Angeles: The ASC Press 2023. S. 89-91. ↩︎
  2. Vgl. Ebda. S. 96-98. ↩︎
  3. Vgl. Ebda. S. 100-102. ↩︎

Impuls 5: Fight Club

Für meinen fünften Impuls, habe ich mir gedacht, gebe ich mir nochmal einen der geilsten Filme aller Zeiten und achte dabei speziell darauf wie er geleuchtet ist – und wie ihr dem Titel unschwer entnehmen könnt, ist das Fight Club. Bevor ich in die einzelne Analyse von – für mich – essenziellen Shots geht, möchte ich aber noch ein paar generelle Gedanken loswerden.

Überblick

Für mich war Fight Club immer schon einer der geilsten Filme aller Zeiten, auf Dinge wie Shotgrößen, Lichtsetzung oder Blocking hätte ich aber früher, wo ich den Film zum ersten Mal sah, nie geachtet. Umso überraschender fand ich deshalb, dass der Film in meinen Augen einen relativ simplen Eindruck gemacht hat – zumindest denke ich das – wohlwissend, dass in jeden dieser Frames stundenlange Überlegungen geflossen sind. Grundsätzlich finde ich nämlich, dass wirklich übertrieben plastisches Ausleuchten, das eine guten dreidimensionalen Effekt erschafft, nur sehr selten angwendet wurde. Gefühlt wurde 90 Prozent des Films mit einem einzigen Licht (ich rede jetzt von den Personen, nicht vom Hintergrund oder Practicals) geleuchtet und dabei eigentlich stets versucht diese eine Lichtquelle maximal im Frame zu motivieren. Denn auffällig ist: In jeder einzelnen Einstellung ist irgendwo ein Practical oder zumindest dessen Andeutung zu sehen, das für jeden Shot sofort definiert, woher das Licht natürlicherweise kommen muss. Mir ist schon klar, dass in das Suchen der genauen Einstellung und in das Platzieren des Practicals unfassbar viel Zeit geflossen ist, aber gefühlt ist genau darin die ganze Arbeit gelegen, weil man dann nur noch dieses Licht mit einer einzigen Lampe enhanced hat. Das hat mir auch gezeigt, dass es eigentlich nicht wichtig ist, jeden Shot nach Schema F zu leuchten, und zu versuchen in jeder Einstellung die maximale Tiefe rauszuholen. Wenns finster is, dann is halt einfach finster, und fertig. Dann gibt´s kein Fill, dann gibt´s kein Backlight, kein Hairlight, nichts. Weil in der Einstellung halt einfach nichts zu sehen ist, was irgendwie rechtfertigen würde, dass da jetzt von hinten Licht kommt. Das ist wahrscheinlich mein größtes Learning aus dieser Analyse. Nun aber zu einer Auswahl von Frames, die ich sehr spannend fand und warum. Außerdem werde ich versuchen mit meinem bisherigen Wissen ungefähr einzuschätzen wie sie das genau gemacht haben. Also viel Spaß.

Einzelne Frames

Die Bar Szene – ein klassisches Schema F Dreipunktlicht

Diese Szene ist für mich eine der wenigen, die wirklich ganz klar nach Schema F abläuft: Die beiden Charaktere sind sitzend gegenüber platziert, bewegen sich also nicht viel und laufen daher nicht Gefahr sich aus dem Licht zu bewegen. Außerdem bietet eine Bar mit all ihrer Umgebung genug Potenzial, damit theoretisch und logisch Licht aus allen Richtungen kommen kann, genau das wurde genutzt. Grundsätzlich wurde einmal klassisch die Fill Seite der Kamera zugewandt, um mehr Hell-Dunkel-Kontraste innerhalb des Gesichts zu ermöglichen. Dann hat man mit der fetten Lampe über dem Billard Tisch eine super Motivation für das Key light gegeben, und diese dann genutzt. Vom Winkel her würde ich sagen handelt es sich dabei um ein Side light, also in etwa im rechten Winkel zur Augenlinie des Schauspielers, da wirklich kaum Licht auf die dunkle Seite fällt. Das ist in sofern gut, weil das (denke ich) der maximale Winkel ist, unter dem die Motivation vom Practical dahinter noch glaubhaft ist. Würde wirklich das Practical leuchten, wäre ja maximal die Wange davon betroffen, nie aber die Nase. Hätte man das Key also klassisch im 40-50 Grad Winkel für ein Rembrandt Dreieck links im Gesicht aufgestellt, würde man es glaube ich nicht mehr abkaufen. Zusätzlich bleibt die dunkle Seite so natürlich noch dramatischer. Immerhin ist in der Szene kurz zuvor die Wohnung des Protagonisten explodiert und er ist obdachlos. Diesen Kontrast haben sie mit dem Fill light noch verstärkt, denn, soweit ich das beurteilen kann, gibt es keines. Ich würde sogar eher tippen, dass sie mit neg gearbeitet haben um die Seite wirklich so dunkel zu bekommen. Und um den Charakter noch maximal vom Hintergrund abzuheben und ihm eine weitere Abwechslung zwischen hell und dunkel zu geben, wurde dann natürlich noch die Chance genutzt ein Backlight/Hairlight einzubauen, das hauptsächlich seine Schulter trifft. Ich denke nicht, dass die Idee hier war, dass dieses vom roten Schild hinter ihm kommt, da dafür die Farbtemperatur zu anders ist, sondern dass sie einfach das grundsätzliche Setting in einer großen Bar genutzt haben, um es glaubwürdig erscheinen zu lassen. Immerhin sieht man den Bereich hinter ihm nie, und es könnte ja genauso gut sein, dass dort ein weiterer Billardtisch oder whatever steht.

Grundsätzlich finde ich diesen Frame also unglaublich und als einen der besten im Film, gerade weil die Kontrastserie auch im Hintergrund weitergeht. Links von ihm hat man das rote Neonlicht, das wieder eine Abwechslung zwischen hell und dunkel ist, rechts ein weiteres Schild, und einen recht kleinen Beam auf die linke blaue Tür, ich denke das soll ein Autoscheinwerfer oder ähnliches sein, ist aber auch scheißegal, es gibt mehr Kontrast und funktioniert daher.

Telefonzelle innen – auch Dreipunkt aber anders

Auch spannend fand ich diese Szene in der Telefonzelle. Grundsätzlich einmal zu ihm: Wie in einer Telefonzelle eben üblich, ist diese mit einer Lampe an der Decke erleuchtet. Auch wenn man die Lampe selbst nicht im Bild sieht, ist das finde ich die intuitivste und logischste Art, wo sich natürlicherweise eine Lampe in einer Telefonzelle befinden würde. Das wurde auch gleich genutzt um ein Toplight aus dieser Richtung zu installieren, gefühlt aber nicht direkt über ihm, sondern einen ticken hinter ihm, so dass sein vorgebeugter Kopf schon reicht um Schatten auf sein Gesicht zu werfen aber gleichzeitig die seitlichen Haare noch mitzunehmen. Dafür, dass das restliche Gesicht dann nicht einfach dunkel bleibt, gibt es grundsätzlich keinen Grund, da die Telefonzelle aber aus Glas ist spricht aber gleich wenig dagegen. Daher wurde für die rechte Hälfte wieder ein sehr seitlichen Key installiert, das ihm maximalen Kontrast und wie zuvor eine hohe ratio innerhalb des Gesichts gibt. Im Hintergrund wurden natürlich genialerweise genau diese Neonlampen oder was das sind, mitrein geframed, so dass sich auf natürliche Art und Weise unfassbar viele Kontrastbereiche ergeben, ohne dass es geleuchtet wirkt.

Der erste Kampf – weniger ist mehr

Um mit den einzelnen Frames jetzt auch endlich mal das zu beweisen, was ich im Vorspann angesprochen habe, möchte ich noch zwei Frames zeigen, die genau so minimalistisch geleuchtet sind. Den Anfang macht dieser erste Kampf, am Parkplatz hinter der Bar. Im Grunde ist schon die Straßenlampe im Hintergrund der einzige Grund warum das Bild nicht einfach komplett schwarz ist. Ob diese wirklich den Frame ausleuchtet traue ich mich irgendwie nicht zu sagen. Grundsätzlich heißt es ja, ein practical leuchtet mal sowieso nie wirklich, und dient immer nur der Motivation. Sieht man sich den Lichtkegel am Asphalt an, und dass ja auch die Windschutzscheibe der ersten Autos hinten getroffen wird, denke ich mir, dass die Softbox, die das ausleuchte könnte, eigentlich vom Winkel her im Frame zu sehen sein müsste, also muss es die Straßenlampe sein, gerade wenn man auf die Schatten der beiden schaut und wohin diese fallen. Auf der anderen Seite wiederum finde ich, macht es dann keinen Sinn, dass das Gebäude hinten mit der Garage von garkeinem Licht getroffen wird, vielleicht war der Kran mit dem Licht also wirklich nur Millimeter außerhalb des Frames. So oder so, fast die gesamte Szene wird im Grunde von diesem einen Licht geleuchtet, sei es nun die echte Straßenlampe oder nicht. Alles, außer die beiden Actors. Denn – ich nehme mal an – sonst wären die einfach zu finster und kaum zu erkennen gewesen. Deshalb – und das sieht man auf dem Stillframe nur ansatzweise, wird direkt links davon ein weiteres practical eingeführt, ich glaube es war ein Neonschild oder ein 24 Shop oder so irgendwas, aus dem eben Licht strömt. So bekommt die rote Jacke von Tyler Durden dann eben diese Kontur von links und auch das weiße Hemd poppt so aus der Hose. Gefühlt wurde diese Quelle aber nach unten hin geflagged, oder mit barn doors begrenzt, da erstens die Hosen viel weniger Konturen zeigen und ganz grundsätzlich auch keine Schatten aus dieser Richtung fallen, das Licht dürfte also relativ tief am Boden gewesen sein, und dann horizontal, oder vielleicht sogar etwas nach oben gerichtet, die beiden Schauspieler konturiert haben. Das wars dann aber auch schon, zwei Lichter, mehr nicht, und mehr kann auch nicht sein, immerhin ist es stockfinster. Im Hintergrund wird dann natürlich noch mit ein paar weiteren Lampen an Häusern versucht etwas mehr Kontrast zu erzeugen, das ist aber sehr basic würde ich sagen.

Heimweg von der Bar – weniger geht nicht

Und falls zwei Lichter noch immer als “eh aufwändig geleuchtet” durchgehen, möchte ich als letzten noch diesen Stillframe analysieren. In der Szene sind die beiden eben von ihrem Kampf nach Hause gegangen und setzen sich noch kurz unter einer Straßenlaterne hin – und genau diese motiviert auch das für mich einzig ersichtliche Licht in diesem Shot. Denn wenn ich nicht ganz blöd bin, ist das einfach ein C-Stand mit einer Lantern als Toplight über den beiden, die die Straßenlampe simulieren soll, und Abfahrt. Mehr kann ich eigentlich nicht erkennen. Die Lantern sitzt zwischen den beiden und gefühlt etwas vor ihren Körpern, sodass auch die Nase von Tyler noch im Radius ist und fertig. Noch ein paar Häuser mit anderen Lampen im Background und et voila. Am allerspannendsten find ich dabei eigentlich sogar die silberne Stange links hinter Tyler, die bedeutend mehr Licht reflektiert als der Rest und deshalb glaube ich absichtlich dort platziert worden ist, um der schwarzen Nacht im Hintergrund irgendwie logisch eine helle Abwechslung zu gönnen.

Fazit

Ich habe keine Ahnung wieviel von dem was ich da analysiert habe auch wirklich so gemacht wurde und falls ja, ob aus den von mir erwähnten Gründen. Das wird dann vermutlich die Praxis in Zukunft zeigen, wenn ich vielleicht irgendwann versuche gewisse Shots nachzubauen und dabei draufkomme, dass das was ich mir da überlegt habe, ja mal überhaupt nicht ausschaut wie im Film. So oder so, fand ich das Experiment aber exrem aufschlussreich und es wird definitiv noch mehrere davon in meinen Impulsen geben – dann auch von Horrorfilmen.

03.04: Belichtungsmesser. Das Rückgrat einer guten Exposure

In diesem Blogpost möchte ich über Belichtungsmesser sprechen, ein essenzielles Tool, wenn es darum geht konstante Belichtung am Set zu gewährleisten. Dazu greife ich zum ersten mal auf die Hollywood-Bibel zurück, die mittlerweile bei mir zuhause angekommen ist. Eine genaues Zitat gibts natürlich am Ende. Viel Spaß!

Wieso man Belichtung nicht in der Post fixed

Grundsätzlich ist jeder Weg, um die Belichtung am Sensor in unterschiedlichen Shots und Szenen konstant zu halten, eine gute Idee. Das liegt daran, dass sowohl digitale CMOS Sensoren, wie auch echter Film, unterschiedlich auf Über- und Unterbelichtung reagieren. Diese Unterschiede bestehen dabei nicht nur zwischen unterschiedlichen Herstellern, sondern oft auch innerhalb ein und derselben Kamera, deren Sensor dann beispielsweise gut auf Über- und schlecht auf Unterbelichtung reagiert. Effekte, die davon betroffen sein können, sind einerseits natürlich das Bildrauschen, das Clippen von zu dunklen oder zu hellen Stellen, wie auch eine Verschiebung in der Farbtemperatur. All diese Effekte müssen zuerst für die jeweilige Kamera und den jeweiligen Sensor in einer kontrollierten Umgebung ausgemacht werden, um sie später dann kreativ nutzen zu können.1 So kann beispielsweise stärkeres Bildrauschen, ja sogar einen filmischeren Effekt herbeiführen, oder eine Farbverschiebung hin zum Kühleren durch Überbelichtung ein gewollter Effekt sein. Jedoch macht all das nur Sinn, wenn es sich auch konstant durch die Shots und Szenen zieht, und nicht in jeder Einstellung anders aussieht. Im besten Fall, muss in der Postproduktion also gar keine Anpassung hinsichtlich der Belichtung mehr durchgeführt werden, um einen einheitlichen Grade und einheitlichen Look zu erreichen.

Was ist jetzt ein Belichtungsmesser

Ein Belichtungsmesser ist das genaueste Werkzeug um genau das sicherzustellen: Dass verschiedene Szenen in verschiedenen Umgebungen am Ende gleich hell erscheinen. Dazu gibt es analoge und digitale Messgeräte, wobei sich digitale heutzutage durch ihren geringeren Wartungs- und Kalibrierungsaufwand durchgesetzt haben. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Arten von Belichtungsmessern: Incident light meter und spot meter, die in ihrer Funktionsweise ähnlich aber nicht gleich sind.

Das Incident light meter misst das einfallende Licht auf ein Subjekt, beziehungsweise die Szene. Es besteht meist aus einer weißen Halbkugel, die Licht aus allen Winkeln aufnehmen kann und wird quasi anstelle des Subjekts in der Szene Richtung Kamera platziert, um genau die Stärke des einfallenden Lichts zu messen. Manche DOP´s richten das incident light meter aber auch nicht Richtung Kamera, sondern in Richtung der einzelnen Lichter aus, um deren Stärke zu bestimmen.

Das Spot Meter hingegen misst nicht das einfallende Licht auf die Szene, sondern das von der Szene reflektierte Licht. Dafür ist der Radius in dem das Gerät Licht aufnimmt, statt riesengroß wie beim incident light meter, das ja in der Szene jedes einfallende Licht aufnehmen muss, extrem klein. Dadurch kann der DOP genau das reflektierte Licht von kleinen Stellen messen. Das macht zum Beispiel Sinn, um mit unterschiedlichen Hauttönen zu arbeiten. Misst man nur das einfallende Licht, und hält dieses konstant, so wird die Wirkung auf einem weißen, fahlen Gesicht, ganz anders sein, als auf schwarzer Haut, da diese viel weniger von dem Licht auch reflektiert.

Im Grunde sind Belichtungsmesser heutzutage so genau, dass die Messdifferenzen zwischen einzelner Szenen am Ende mit freiem Auge gar nicht mehr erkennbar sind.2

Fazit

Will ich mich in meinem Film genauer mit lighting ratios auseinandersetzen, ist ein Belichtungsmesser ein absolutes muss. Aber selbst, wenn es gar nicht so genau um die Verhältnisse im Bild geht, hilft ein Belichtungsmesser bei der consistency extrem und sorgt für eine konstante Belichtung. Gut also, dass sich der Peter erst kürzlich einen gekauft hat *lach*.

  1. Vgl.: Crudo, Richard: Take Ownership of Your Sensor. In: Mullen, Merritt David (Hrsg.) und Hummel, Rob (Hrsg.): American Cinematographer Manual. Eleventh Edition. Los Angeles: The ASC Press 2023. S. 71-82. ↩︎
  2. Vgl.: Zaidi, Nasir: Exposure Meters. In: Mullen, Merritt David (Hrsg.) und Hummel, Rob (Hrsg.): American Cinematographer Manual. Eleventh Edition. Los Angeles: The ASC Press 2023. S. 83-88. ↩︎

Impuls 4: “The Easy Way to Not Suck at Lighting” by Luc Forsyth

Ist man, wie ich, eher ein visueller Lerner und sucht deshalb vorrangig nach Lerninhalten in Videoform (und hat eine ausgeprägte Youtube-Sucht), so wird man für fast alle Filmthemen wohl keinen besseren Lehrer als Patrick O Sullivan (den Wandering DP) finden, der in der gesamten Szene in etwa den Status eines Halbgottes hat. Einziges Problem dabei ist, dass bei über 500 (meist mehr als einstündigen) Podcastfolgen und circa ebenso vielen Youtube-Videos die Auswahl meist etwas schwerer fällt. Umso lustiger fand ich daher, dass ich heute über ein Video gestolpert bin, in dem dieses Problem einfach gelöst wird. Für “The Easy Way to Not Suck at Lighting” hat Forsyth nämlich kurzerhand bei O Sullivan selbst nachgefragt und ihn mehr oder weniger seine 500 Podcastfolgen ganz schnell für Beginner zusammenfassen lassen. Im Anschluss hat er dann diese Ratschläge in einem echten Setup umgesetzt. Hier also was ich davon lernen konnte.

Essenzielles Setup

Bei der Erklärung was für O Sullivan das essenziellste Setup ist, mit dem er auf einen Dreh fahren würde, hat er die Fragestellung, in der es hieß “ohne ein Vermögen dafür auszugeben”, glaube ich ziemlich ernst genommen, denn auch wenns kein Vermögen ist, ists schon ziemlich viel Kohle´´. Dennoch aber sind einige interessante Gedanken hängen geblieben: Oft heisst es ja, je stärker das Licht desto besser, und mehr Energie sei nie schlecht. O Sullivan jedoch empfiehlt lieber mehr kleine, als wenige große Lichter, um das Bild besser formen zu können. So hat er in seinem essenziellen Setup nur ein einziges klassisches COB Licht als Key, dafür aber haufenweise negative fill und diffundierende Stoffe. Zusätzlich benutzt er noch weitere kleine LED´s, meist mit Fresnel oder drop-in Filtern, um das Licht zu formen und dem Hintergrund Struktur geben zu können.

Herangehensweise

Auch seine Herangehensweise ist sehr interessant, denn er startet nicht klassisch mit dem Key, sondern beginnt eigentlich mit dem Ambient light. Dies hat für ihn mehrere Vorteile, hauptsächlich kann es einem so nicht passieren das Key Light falsch (also aus einer unmotivierten Richtung, aus der es in der Umgebung auf natürliche Weise nie kommen könnte) aufzustellen, oder die Szene überzubelichten. Er holt also als ersten Schritt alle natürlichen Lichtquellen in den Frame und schaltet auch alle Practicals an, dann exposed er für diese und sieht sich an aus welcher Richtung das Key natürlicherweise kommen sollte. Dann stellt er das Key auf. Im nächsten Schritt den negative fill, der seiner Meinung nach wichtiger ist als jedes Licht (Zitat: “ich hätte lieber unendlich negative fill und kein Licht als unendlich Licht und kein negative fill”) und wenn er quasi die Beleuchtung des Subjekts abgeschlossen hat, kommt der Hintergrund dran. Heißt: Er versucht so viele Kontraste zwischen hell und dunkel wie möglich ins Bild zu bekommen, meist dann eben über Lichter mit Filtern oder Linse, die er auf einzelne Merkmale im Hintergrund fokussiert, um diese hervorzuheben. Manchmal aber auch mit so klassischen Mini LEDs wie den Aputure MCs.

Fazit

Seine Ansicht darüber was man eigentlich wirklich braucht, hat mich auch dahingehend, was der Black Friday bei mir ins Haus spülen wird, etwas beeinflusst. Ich finde die Idee mit vielen einzelnen Lichtern echt interessant, und seine Frames sprechen definitiv für sich. Auch im Umgang mit negative fill, für noch stärkere Kontraste, werde ich mich in meinem Filmgenre noch öfter auseinandersetzen, denke ich.

03.03: Gibt es den einen Weg einen guten Horrorfilm zu leuchten?

Passend zu einer der großen Fragen, die Daniel Bauer in der Feedback Runde aufgeworfen hat, möchte ich heute mit der Zusammenfassung des ersten Papers starten, um einen profunden Überblick über den state-of-the-art Research zum Thema Leuchttechniken in Horrorfilmen zu bekommen.

Die Grundhypothesen des zugrunde liegenden Papers lauteten zu beweisen, dass auch Lichtkonzepte, die generell für die Darstellung positiver Szenen, Filme oder Charaktere verwendet werden, in Horrorfilmen funktionieren können. Dies wurde an insgesamt vier großen Beispielen festgemacht.

  • Das Brechen mit klassischen Lichtstrukturen: Ammer gibt an, dass mit klassischen Lichtkonzepten, wie low-key und high contrast, einfallendem Licht aus Fenstern oder schwachen, unsaturierten Farben, die üblicherweise für Horrorfilme benutzt werden, gebrochen werden kann, um die wirklich furchteinflößenden Szenen hervorzuheben. Als Beispiel gibt er an, dass “gute” Vampire, also jene die nur Tierblut trinken um Menschen nicht zu verletzen, in den Twilight-Filmen stets softer geleuchtet sind als ihre blutrünstigen Kollegen, um denen nicht den Spuk zu nehmen.
  • Intensität des Keys und Key-to-Fill-Ratio: Auch hier argumentiert Ammer, dass ein höherer Kontrast im Gesicht, wie er eigentlich genutzt wird um Charaktere, düsterer zu machen, nicht immer der richtige Weg ist. Er argumentiert, dass in Shining etwa, in der Szene als Jack Nicholson sich endgültig dem Bösen zuwendet, er durchgehend mit einem Frontlight beleuchtet ist. Also einer Methode, bei der das gesamte Gesicht gleichmäßig ausgeleuchtet ist und die eigentlich allerhöchstens in Beauty-Kampagnen vorkommt, nicht aber im Kino und schon gar nicht im Horror. Dies soll es laut Ammer möglich gemacht haben jegliche Mimik von Nicholson während seiner Verwandlung nachzuvollziehen.
  • High-Key-Lighting: Außerdem streicht er heraus, dass Schlüsselszenen in Horrorfilmen manchmal ganz bewusst nicht dunkel und kontrastreich, sondern hell und kontrastarm dargestellt sind, obwohl man diese Gestaltung eher in Feelgood-Filmen erwarten würde. Als Beispiele nennt er die Duschszene in Psycho und das Folterlabor in Saw. Damit möchte der DP laut Ammer erreichen, dass man auch wirklich alles vom schrecklichen Horror sieht und nichts in der Dunkelheit verschwindet.
  • Die Wirkung von Farben: Zu guter Letzte streicht Ammer heraus, dass verschiedene Farben in verschiedenen Situation auch andere Bedeutungen haben können, was mich sehr an den Kuleschow-Effekt erinnert hat. Orange etwa, ist eigentlich die Farbe eines warmen Sonnenuntergangs, wirkt in Zusammenhang mit einer Leiche aber giftig.

Fazit

Das Paper war spannend und hat definitiv den Punkt unterstrichen, den auch Daniel Bauer aufgebracht hat. Aus diesem Grund werde ich die Bibliographie auch stärker an das Horrorthema anpassen und für die folgenden Blogposts versuchen, klassischere Lichttheorien in Horrorfilmen mitsamt ihren jeweiligen Wirkungen herauszuarbeiten.

vgl. Ammer, Sawsan Mohammed Ezzat Ibrahim: Content Analysis of Lighting and Color in the Embodiment of Fear Concept in Horror Movies: A Semiotic Approach. In: Information Sciences Letters 2020, Volume 9, Issue 2, http://dx.doi.org/10.18576/isl/090210.

Impuls 3: Feedback von Daniel Bauer

Die heutige Session mit Daniel Bauer war extrem ergebnisreich, weshalb ich mich dazu entschlossen habe, mir gleich alle Ideen und Inputs von der Seele zu schreiben. Auch, weil zwar viele Fragen beantwortet wurden, aber dafür noch mehr neu entstanden sind, die ich dann noch mit dir Roman (ja du wirst auch hier wieder der einzige sein der das liest) besprechen muss.

Input 1: DIE Lichttechnik für Horrorfilme werde ich auch in 500 Standardwerken nicht finden, da Filme hauptsächlich von zwei Dingen geprägt werden: Einerseits der Zeit in der sie gedreht werden und andererseits dem DP der sie shootet. Genau daraus könnte man aber dafür eine Forschungsfrage ableiten. Etwa wie sich die Lichtsetzung in Horrorfilmen über die Zeit verändert hat, angefangen bei Nosferatu in den 20ern über erste richtige Splasher-Filme bis hin zu neuen Horrorfilmen der 2010er und 2020er Jahre. Auch könnte man einzelne DP´s, die sich sehr im Horrorgenre vertieft haben herauspicken und analysieren.

Input 2: Nicht zu viele Standardwerke nehmen. In meiner aktuellen Bibliographie finden sich einige Standardwerke zum Thema Lichtsetzung. Daniel meint die werden mich alle nicht schlauer machen, und nicht weiter an das heranbringen was mich interessiert. Viel besser wäre es vielleicht ein einziges Standardwerk zu haben und in der weiteren Literatur dann viel stärker einzugrenzen und die Auswahl wirklich auf Quellen zu beschränken in denen es strikt um Leuchttechniken für Horrorfilme geht, nicht für Film generell.

Input 3: Wie sehr muss die Entstehung des Kurzfilms Teil der Masterarbeit sein? Muss jeder Schritt, von der Ideenfindung, des Script writing, shotlisten, location scouten, storyboarden etc. vollumfänglich im Theorieteil der Masterarbeit dokumentiert werden, und mit Quellen belegt werden? A la für das script wurde das Buch “Save the Cat” verwendet mit diesen und jenen Frameworks und dann die Storybeats auflisten usw, und das für jeden Schritt? Falls ja, und da hat Daniel Recht, übernehm ich mich mit der Arbeit um circa 270%.

Grundsätzlich hat Daniel schon angezweifelt ob ich überhaupt mit dem Theorieteil dann einen wirklich zusammenhängenden Kurzfilm produzieren muss, oder ob es etwa nicht reicht die 4-5 Schlüsselszenen herauszunehmen und sich mit diesen dann wirklich tagelang beschäftigen und diese komplett perfekt zu leuchten. Sodass, das Werkstück am Ende dann aus mehreren “perfekten” Stills, oder Shots besteht. (Als Inspiration dazu: Gregory Crewdson.) Das würde den Workload natürlich extrem verkleinern und machbarerer gestalten. Womit ich ihm grundsätzlich vollkommen zustimme, wohlwissend, dass ich halt einfach unfassbar gern den gesamten Kurzfilm drehen würde.

Daher nun die Gretchenfrage: Reicht es sich im Theorieteil ausschließlich mit dem eigenen Thema, in meinem Fall eben Lichttheorien in Horrorfilmen auseinanderzusetzen, dann einen Horrorfilm nach dieser Theorie zu drehen und am Ende einfach Stills aus dem Film in den schriftlichen Teil aufzunehmen und zu erklären warum man in dieser oder jener Situation so geleuchtet hat. Oder muss der gesamte Entstehungsprozess des Films auch dokumentiert und wissenschaftlich belegt werden? Denn sonst halte ich mich wahrscheinlich einfach zu lange mit anderen Dingen auf, die aber eigentlich gar nicht mein Hauptthema, nämlich Licht, sind.

Input 4: Jakob Slavicek wäre ein Adresse, die ich mir so oder so unbedingt genauer ansehen sollte. Daniel kennt ihn als Oberbeleuchter und weiß, dass er immer wieder Praktikanten auf Drehs mitnimmt. Vielleicht könnte ich mit einer netten Mail versuchen, einfach mal bei einem Spielfilm Dreh, bei dem er als Gaffer arbeitet, als Volo mitkommen, und mir Dinge abschauen. Außerdem betreibt er einen Verleih, der spätestens für meinen echten Dreh dann interessant wird, wenn die 600er Aputure von der FH an ihre Grenzen kommen.

Impuls 2: “How I Light Every Interview (my 10-step system)” by Mark Bone

Um gleich nahtlos an den ersten Impuls anzuschließen, möchte ich mit einem ganz neuen Video von Mark Bone fortfahren, das erst vor wenigen Stunden veröffentlicht wurde und gleich meine Aufmerksamkeit erlangte.

Anders als Luc Ung ist Mark Bone mehr der klassische Film-Content-Creator auf Youtube, der aber mit seinem Online-Kurs “Art of Documentary” doch recht große Berühmtheit erlangt hat. Durch den hohen Preis habe ich mich aber leider nie drüber getraut mir diesen auch wirklich zu kaufen. Dennoch verfolge ich Bone gerne, da er im Gegensatz zu anderen auch wirklich selbst noch als Filmemacher an großen Projekten arbeitet. Die Doku über CBum zum Beispiel, die er in vielen seiner letzten Videos als B-Roll immer wieder anteasert, sieht nämlich brutal aus und ist, soweit ich weiß, eine Produktion für Prime Video, also der Mann weiß schon was er tut. Gerade deshalb hat mich interessiert ob sich sein “System” inhaltlich wirklich groß von dem unterscheidet was ich mir in Impuls 1 angeschaut habe. Deshalb werde ich dieses kurz zusammenfassen und erklären und danach einordnen.

Mark Bone´s System

  • 1. Track the Sun: Als ersten Schritt, wenn man in einen Raum bekommt, empfiehlt Bone die Sonne abzuchecken und mit Apps wie dem klassischen Kompass oder Sunseeker etc. die Ausrichtung der vorhandenen Fenster herauszufinden. Dies entscheidet wie man dann mit den Fenstern umgeht. Ob man sie also als Key oder Kicker verwenden kann, oder vielleicht ganz ausblockt und nur künstlich belichtet, weil sich die Sonne während der Zeit des Interviews zu viel bewegen würde. Als Merksatz: Fenster Richtung Süden geben hartes Licht, Fenster nach Norden weiches Licht.
  • Control the variables: Als zweites empfiehlt Bone die ganze Szene einmal zu “deaktivieren”, alle Rollos runter, alle Lichter aus. Und dann Stück für Stück mit Absicht das wieder zu aktivieren, was für die Szene Sinn macht.
  • Define the Motivation: Finde heraus wo in deiner Szene auf natürliche Art und Weise das meiste Licht kommen würde. Im Normalfall wäre das ein Fenster oder die stärkste Lampe im Raum. Diese Quelle bestimmt die Seite von deinem Fill, die du dann mit einer Softbox etc. verstärken kannst. Bone empfiehlt die Originalquelle als Practical oder als Anschnitt im Frame zu lassen, um dem Zuschauer zu erklären wo das Licht herkommt.
  • Choose Quality of Light: Entscheide ob du hartes oder softes Licht haben willst. Bone empfiehlt dabei immer die Quality der Motivation zu imitieren, um den natürlichsten Look zu erhalten. Ist die Motivation im Frame eine Tischlampe, wird das Key z.B. eher hart.
  • Place your subject: Mit der Motivation und dem Key fix aufgestellt, empfiehlt Bone jetzt den Shot quasi zu locken und das Subjekt final zu platzieren. Dafür empfiehlt er, dass die Person den dreifachen Abstand zu nächsten Wand im Hintergrund hat, im Vergleich zum Abstand zwischen Person und Kamera, um genug Tiefe zu kreieren.
  • Choose the Lens: Wenn das Subjekt sitzt stellt Bone die Kamera final auf und wählt die Linse. Dafür nimmt er fast immer eine 35er, um genug Hintergrund ins Bild zu bekommen und noch Raum für eine engere zweite Einstellung zu lassen.
  • Shape the contrast: Jetzt bestimmt Bone das lighting ratio des Subjekts. Grundsätzlich empfiehlt er nur dann ein Fill light zu verwenden wenn es wirklich nötig ist und lässt dieses oft ganz weg oder benutzt natürlich negative fill. Für ein nettes Gespräch empfiehlt er 2:1, für ernste Themen 4:1.
  • Build the background: Jetz wo Key, Kamera und Subjekt stehen, baut er noch den Hintergrund für maximale dreidimensionale Wirkung. Dafür fügt er nach und nach noch practicals im Hintergrund hinzu (gerne in anderen Temperaturen als das key) oder beleuchtet diesen von außerhalb ohne aber das Subjekt zu überstrahlen. Alternativ kann der Separation auch klassisch mit einem Kicker light erfolgen, er ist aber nicht wirklich Fan davon, weil es dann laut ihm zu sehr nach einem Studio aussieht und nicht mehr als wäre man wirklich bei der Person zu Hause.
  • Expose and Balance Color: Jetzt stellt Bone erst die Belichtung und den Weißabgleich in der Kamera ein. Dabei gleicht er nicht automatisch key und Kamera Farbtemperatur miteinander an, sondern wählt die Temperatur in der Kamera je nach Look: Kühler für seriöse Interviews (corporate style), wärmer für emotionale Interviews.
  • Stresstest: Zu allerletzt, lässt er das Subjekt sprechen und sich bewegen. Bewegt es sich aus dem Licht? Sind Handgesten nicht im Frame etc? Er macht das Setup bulletproof, um nicht erst danach etwaige Fehler zu bemerken und nimmt ein Testvideo auf.

Fazit

Ich fand Bone´s Herangehensweise extrem interessant, da ich selbst schon sehr oft klassische Interviews oder Talking Head Szenen gefilmt habe und auch mein nächster Auftrag genau daraus bestehen wird. Neu und aufschlussreich war dabei für mich wie er mit der Sonne arbeitet, wie er lighting motivation findet, um den Frame natürlich wirken zu lassen, und wie er entscheidet wie weit sich das Subjekt von der Wand entfernt. Das sind finde ich sind sehr einfache und leicht umzusetzende Guidelines.

Im Verglech zu Luc Ung ist die Abfolge der essenziellen Schritte des Beleuchtens eigentlich sehr gleich: Zuerst findet er die Motivation und passt dann Richtung, Härte und Farbe dementsprechend an. Dann bestimmt er die Stärke des Lichts bei der Wahl des Kontrastverhältnisses und wenn man so will ist das was Luc Ung als letztes macht, nämlich das Licht noch zu formen um ungewollte light spills zu verhindern, auch das worauf Bone im Stresstest am Schluss noch einmal achtet.

Ich finde beide Systeme daher unglaublich hilfreich, Bone´s für klassische Interview Szenarien und Ung´s im klassischen narrativen Filmmaking.

Achja, und das Video selbst gibts hier: https://www.youtube.com/watch?v=NOrTSb-kZC4 und den gratis pdf guide dazu hier https://www.dropbox.com/scl/fi/hq4ejfyb79mqm4rs45g14/AOD-Interview-Lighting-Checklist-v8.pdf?rlkey=hj8fnhxe7ygewoa5fmino1skr&e=3&st=w398206u&dl=0

Impuls 1: “Lighting for Film: The Complete Beginner’s Guide” by Luc Ung

Mein erster Impuls für die diessemestrige Blogserie ist ein Youtube-Video, das mich gleichzeitig auch überhaupt erst auf die Idee für meine Masterarbeit gebracht hat und das ich einfach unfassbar hilfreich gefunden habe.

Grundsätzlich habe ich das Thema Licht bisher in diesem Master extrem stiefmütterlich behandelt. Natürlich kann man als kompletter Quereinsteiger nicht alles können, weshalb ich mich anfangs extrem in die camera operation vertieft habe und versucht habe meinen Kopf in das unendlich tiefe Rabbit Hole verschiedener Kamerasensoren, Belichtungsmethoden, Rigs, Cameramovements, Gear etc. zu stecken. Für das, was ich jetzt als Event/Sportvideograph so mache, ist das natürlich auch die Basis, immerhin kann ich schwer eine 1200er Aputure mit auf den Fußballplatz oder auf den Altar bei einer Hochzeit nehmen. Dabei ist mir aber (und so rede ich erst seit ich exakt dieses Youtube-Video gesehen habe und das nächste Rabbit-Hole aufgegangen ist) unfassbar viel entgangen. Denn spannend wird filmmaking erst wenn du nicht gezwungen bist mit dem zu arbeiten was da ist, sondern wenn du dein Bild meisseln kannst wie ein Bildhauer seine Skulptur. Und da kommt Licht ins Spiel.

Da es einfach so ein unfassbar großes Thema ist habe ich mich aber lang nicht getraut einfach mittendrin anzufangen ohne genau zu wissen, ob ich jetzt grad irgendwo in den Basics stecke oder mir grade extrem fortgeschrittene Techniken anschaue. Lange habe ich mir daher erhofft im Curriculum noch ein paar Basiskurse zu finden, außer einen einzigen eintägigen Workshop kam da aber leider genau gar nichts daher, weshalb ich noch viel froher darüber bin, dass mir der Youtube-Algorithmus genau dieses Video auf meine For-You gespielt hat und mich in nur 27 Minuten – Achtung – erleuchtet hat. Aber jetzt medias in res.

Who the fuck is Luc Ung

Luc Ung ist ein (mir bis dato unbekannter) DP aus LA, dessen Werke schon auf diversen Fim Festivals dieser Welt gescreened wurden und meiner Meinung nach unfassbar aussehen. Einen Eindruck davon könnt ihr euch auf seiner Homepage (https://www.lucung.com/) verschaffen. Statt wie bei anderen klassischen Youtube Erklärbären, die alle 3 Tage ein Video mit dem neuen besten Trick allerzeiten veröffentlichen, der dann eigentlich gar nicht so neu und auch gar nicht so gut ist, hat Luc Ung nur ein einziges Video auf seinem Kanal, nämlich dieses. Und das auch nur, weil er so oft darum gebeten worden sei, sein Wissen für immer festzuhalten, meint er zumindest. Fand ich anfangs ganz witzig, konnte ich 27 Minuten später aber ziemlich gut nachvollziehen.

Im kommenden fasse ich, das grundlegende Konzept mit dem er an Licht herangeht kurz zusammen. Ich glaube nicht, dass sich genau diese Vorgehensweise, genau diese Begriffe oder ähnliches auch in anderen (gedruckten) Standardwerken wiederfinden lassen – ob das so ist wird sich spätestens mit Ende dieses Blogs im Jänner herausstellen, wenn ich diese auch gelesen habe. Trotzdem hat mir sein System den Einstieg in die Welt des Lichts unfassbar vereinfacht und deshalb teile ich sie auch mit euch. (Wohlwissend, dass niemand außer du Roman diese Worte jemals lesen wird. Liebe Grüße an der Stelle an dich!)

Ung´s System

Grundsätzlich beschreibt Ung Licht mit insgesamt fünf verschiedenen Charakteristiken: Richtung, Härte, Farbe, Stärke und Form. Dabei sind aber nicht nur die fünf Charakteristiken an sich wichtig, sondern auch ihre Reihenfolge, da er beim Beleuchten einer Szene in genau dieser Reihenfolge vorgeht und sein Licht dementsprechend anpasst. Grundsätzlich versucht Ung in jeder Einstellung soviele Kontraste zwischen Hell und Dunkel zu erzeugen wie möglich (chiaroscuro). Nicht nur im Gesicht, sondern im gesamten Frame. Je öfter ein Bild, wenn man es von links nach rechts liest, zwischen hell und dunkel wechselt, desto interessanter wirke der Shot auch, da er mehr Dimension bekommt. Immerhin muss man eine dreidimensionale Welt auf einer zweidimensionalen Leinwand abbilden.

1. Richtung

Frontlight: Beim Frontlicht, stehen Licht und Kamera in einer Achse zur Szene. Dies hat zwei entscheidende Nachteile. Einerseits geht natürlich der gesamte Kontrast im Gesicht verloren, da es komplett ausgeleuchtet ist, andererseits ist aber natürlich auch fast unmöglich nicht gleichzeitig auch den Hintergrund mit auszuleuchten. Dadurch geht noch eine weitere Kontrastebene verloren.

Butterfly light: Das Butterfly light ist quasi eine Erweiterung des Frontlight. Möchte man sein Subjekt unbedingt aus derselben Richtung leuchten wie die Kamera, so macht es Sinn, dies aus großer Höhe und mit starkem Winkel zu machen. Dies umgeht die Nachteile des Frontlights. Statt einem komplett ausgeleuchteten Gesicht werfen Elemente wie Wangen und die Nase Schatten nach unten (wie ein Schmetterling) und erzeugen so Kontrast. Außerdem umgeht man so auch den Hintergrund komplett mit auszuleuchten. Das Butterfly light sieht nicht zwingend schön aus und kann sogar stören, wenn etwa ein markantes Gesicht extrem starke Schatten wirft. Daher könnte es in meiner Arbeit für böse Charaktere interessant sein.

Rembrandt light: Der Klassiker aller Klassiker. Dabei wird die Lichtquelle ca 45 Grad entfernt Eyeline und aus ca 45 Grad Höhe aufgestellt und leuchtet eine Gesichtshälfte aus. Der Nasenschatten erzeugt dabei unter dem Auge der anderen Seite ein helles Dreieck (Rembrandt Dreieck). Diese Richtung ist die am öftesten genutzte und erzeugt angenehme, dreidimensionale Ergebnisse.

Side Light: Beim Side light, wandert das Licht weitere 45 Grad von der Eyeline des Subjekts weg und steht damit im rechten Winkel (oder ca 80 Grad). So wird eine Gesichtshälfte gar nicht belichtet und die andere voll.

Kicker (Edge Light): Dabei wandert das Licht hinter das Subjekt und strahlt dieses aus ca 15-45 Grad hinter dem rechten Winkel des Sidelights an. Beleuchtet werden dabei die Kopfkonturen und die Schulter. Während es auch für sich alleine stehen kann wird es meistens natürlich gepaart. Der Kicker ist die beste Variante um eine weitere Abwechslung zwischen Hell und Dunkel zu ermöglichen und das Subjekt dreidimensionaler wirken zu lassen.

Backlight: Genau das Gegenteil des Frontlights, bei dem das Licht also direkt hinter der Eyeline des Subjekts steht. Der Unterschied zum Kicker ist, dass der Kicker auch das Kinn trifft, während das Backlight wirklich nur die Konturen des Kopfes und der Schulter trifft. Anwendungsgebiete sind gleich. Tipp: Muss von oben kommen, um lens flares zu vermeiden.

Zusatz: Ung sieht beim Wählen der Lichtrichtung die Wirkung wichtiger als die Realität, gerade wenn practicals im Shot sind. Er beweist dies mit einer Szene aus Herr der Ringe in der zwei Charaktere im Freien miteinander reden und in ihren einzelnen Close-Ups haben beide die Sonne als Backlight, was physikalisch wohl nur auf Mittelerde möglich ist, in der Bildwirkung aber Sinn macht, da beide gleich fühlen.

2. Härte

Lichthärte beschreibt wie diffus oder direkt Licht auf das Subjekt trifft. Das entscheidet ob die entstehenden Schatten harte Kanten haben, oder weiche Verläufe.

Die Härte des Lichts entsteht dabei im relativen Verhältnis zwischen der Größe des Lichts und der Größe des Subjekts. Je größer die Lichtquelle, desto weicher das Licht. Auch eine große Lichtquelle kann aber hartes Licht produzieren, wenn sie weit genug entfernt ist, da sie in Relation dann wieder klein erscheint. Die besten Beispiele hierfür sind eine Soft Box und die Sonne. Die Soft Box vergrößert die Lichtquelle von einem kleinen Punkt auf eine metergroße Box und macht so hartes Licht weich. Die Sonne hingegen, obwohl sie die wohl größte Lichtquelle ist, die man finden kann, produziert hartes Licht, weil sie durch die große Entfernung so klein erscheint. Will ich am Set softeres Licht, muss ich also die Lichtquelle vergößern (SoftBox, Diffusion sheet etc) und/oder das Licht näher ans Subjekt bringen und vice versa.

Farbe

In Sachen Farbe geht Ung nur auf die klassische Farbtemperatur ein, also die Calvin Range von 2500-7000K. Grundsätzlich empfiehlt Ung die Farbtemperatur der Kamera und jenes des wichtigsten Lichts (also meistens des Key Lights, aber vielleicht auch der Sonne etc.) miteinander abzustimmen. Um Gefühle zu transportieren (etwas eine kalte Winternacht, oder den Sommer deines Lebens) kann es aber natürlich von Vorteil sein die Kamera absichtlich wärmer und kälter einzustellen als das Key. Essenziell dafür ist aber natürlich zu wissen wieviel Kelvin die Lichtquelle hat. Was ich aus Ung´s Erklärung nicht ganz herausfinden konnte, war ob es egal ist welchen der beiden Parameter ich verändere, also ob es das gleiche Bild erzeugt, wenn ich die Kamera absichtlich kälter oder das Licht absichtlich wärmer einstelle.

Intensität

Da Richtung, Härte und Farbe direkt auch bestimmen wieviel Licht nun auf das Subjekt trifft, macht es laut Ung überhaupt keinen Sinn die Intensität vor diesen anzupassen. Heißt: Zuerst zufrieden mit Richtung, Härte und Farbe sein und dann um die Intensität kümmern.

Die für die Intensität des Lichts zentrale Metrik sind laut Ung die Verhältnisse, also lighting ratios. Einerseits das Verhältnis innerhalb des Gesichts (key to fill) und das Verhältnis zwischen Vor- und Hintergrund (also in den meisten Fällen zwischen Subjekt und Hintergrund).

Das ratio an sich kann man dabei über zwei Arten angeben, entweder in stops oder als klassisches Verhältnis. Ein 2:1 Verhältnis, bei dem der helle Teil doppelt so hell ist wie der dunkle, wäre dabei ein 1 stop ratio, 4:1 sind 2 stops usw.

Um sich sinnvoll Gedanken über das Verhältnis machen zu können empfiehlt Ung gerade bei key to fill, zuerst das key light so einzustellen, dass die Exposure technisch in der Kamera passt und dann nicht mehr anzugreifen. Stattdessen wird dann nur mehr über die Intensität des Fills, das Verhältnis bestimmt, wobei “Fill” hierbei natürlich auch negative Fill sein kann, sollte die Umgebung bereits so hell sein, dass durch das Key alleine schon ein zu schwaches Verhältnis entsteht.

Beim Verhältnis zwischen Subjekt und Hintergrund empfiehlt Ung standardmäßig 1 bis 1,5 stops Unterschied, da der Charakter sich so am natürlichsten und schönsten vom Hintergrund abhebt. Mehr oder weniger ist als kreative choice natürlich trotzdem möglich. Am besten sind die Lichter, die den Vordergrund, und jene die den Hintergrund, beleuchten daher individuell ansteuerbar, um das Verhältnis zu kontrollieren.

Außerdem ist es natürlich wichtig das blocking bereits vorher zu wissen um zu vermeiden, dass sich der Charakter in einem Shot zu einem zu hellen oder zu dunklen Hintergrund bewegt. Hilfreich ist es auch grundsätzlich nichts und niemanden nah an einer Wand zu platzieren, da es sonst kaum möglich ist, den Vordergrund alleine auszuleuchten, ohne den Hintergrund mitzunehmen.

Form

Als allerletzten Schritt empfiehlt Ung das Licht zu formen, und etwa ungewollte “light spills” zu verhindern. Dies geschieht hauptsächlich durch flags, also Stoffe die Licht blockieren, oder andere Systeme mit ähnlichem Sinn, wie barn doors etc. Beim Umgang mit flags rät Ung, mit der flag so nah wie möglich an das Subjekt ranzugehen, um so viel ausbrechendes Licht wie möglich einzufangen.

Fazit

Ich habe noch nie ein Framework gesehen, das so logisch, so unmissverständlich und so klar ist wie dieses. Erst dieses Video hat mir klar gemacht wieviel eigentlich möglich ist, wenn man leuchten kann. Wieviel davon common sense ist und welche, für eine Masterarbeit relevanteren, anderen Quellen es dafür gibt, wird in den kommenden Blogs erörtert.

Achja, und den Link zum Video bin ich euch (also eigentlich wieder nur dir Roman) auch noch schuldig: