Wenn man sich, so wie ich in den vergangenen zwei Semestern, sehr intensiv mit der filmischen Darstellung von bewaffneten Kämpfen bzw. Duellen beschäftigt, landet man früher oder später bei The Duelists (1977), Ridley Scotts Debütfilm, der mir mehrfach von Mitgliedern meines Fechtvereines empfohlen wurde. In meinem Fall war der vor kurzem stattgefundene Filmeabend, bei welchem wir uns diesen Film vorgenommen haben, ein für mich wertvoller Diskussionsanstoß und Meinungsaustausch zum oben genannten Thema und damit gleichzeitig ein interessanter Impuls für meine weitere Forschungsarbeit über Authentizität und Storytelling in filmischen Kampfszenen.
Zu dem spontanen Filmabend gesellten sich insgesamt vier weitere Vereinsmitglieder und gemeinsam beobachteten wir, wie die beiden Charaktere Armand d’Hubert und Gabriel Feraud über Jahrzehnte hinweg in Duelle verwickelt werden.
Die beiden Duelle mit dem Smallsword wurden von Ilja (unserem Rapieristen der Runde) durch zustimmendes Nicken doch mit viel Anerkennung begleitet. Die Körperhaltung, Beinarbeit und die Mensur (die Distanz zwischen zwei Fechtern) entspricht dem, was man in historischen Quellen findet, weshalb der Film in HEMA-Kreisen als ein gutes Beispiel für relativ akkurat inszenierte Smallsword-Gefechte gilt. Und trotzdem schmunzelte Ilja gelegentlich, wenn für ihn „offensichtliche Blößen“ in der Deckung waren und manch eine Aktion eine Prise zu ausladend gestartet wurde, war mir wieder vor Augen hielt, dass Personen mit Expertenkenntnisse ein anderes Auge für Darstellungen dieser Art haben. Trotz diesem „Makel“ waren die Duelle sehr realistisch und kurz gehalten, die Kontrahenten lauerten einander auf, warteten auf einen Fehler oder eine unbedachte Handlung, um ihre Aktion zu setzen und ihr Gegenüber zu treffen.
Besonders die beiden Säbelduelle wirken emotionaler, wilder und deutlich hektischer, was sich auch in Kamera und Schnitt wiederspiegelte. Jacob, einer der jüngsten in unserem Team, fragte gegen Ende der Szene verblüfft in die Runde: „Und das sollen gute Fechtdarstellungen sein?“ Ich stimmte zu, diese Szene wirkte eskalierend und soll den Start der Feindschaft zwischen Armand d’Hubert und Gabriel Feraud für die Zuschauer greifbar machen, worunter die Darstellung korrekter Säbeltechniken deutlich litt. Die Säbel werden in der Szene wild durch den Raum geschwungen und historisch technische Akkuratesse wurde genau zu Beginn, als die Duellanten ihre Waffen zogen, gezeigt.
Die Szene wirkte klar übertrieben, aber dennoch emotional wirkungsstark, wodurch ich mir durch den Film wiederholt die Frage stellte: Wie viel Realismus darf zugunsten von Storytelling verloren gehen?
Als Fechterin und „Filmschaffende“ sitze ich gefühlt immer zwischen zwei Welten:
- HEMA will Präzision und Akkuratesse
- Film will Emotion und Spannung
In realen Duellsituationen entscheidet (je nach Regelwerk) der erste Wirkungstreffer, im Film schwingt jedoch stets die Geschichte mit. Ein Gefecht, der nach wenigen Sekunden vorbei ist, mag realistisch sein, aber er wird weniger zu anderen Elementen der Geschichte eines Filmes beitragen.
The Duelists zeigt, wie viel Mühe und Bewusstsein in filmische Duelle fließen können. Er hat mich daran erinnert, dass Realismus nicht allein durch die dargestellten Technik entsteht, sondern durch Einfluss von Emotionen und Persönlichkeit der Darsteller.
Ebenso erinnerte ich mich wieder daran: Filme haben ihre eigene Realität. Sie dürfen die Realität biegen, solange es für die Geschichte sinnvoll ist.
Für mein Projekt heißt das:
Ich möchte Wege finden, wie historische Authentizität und dramaturgische Spannung gleichzeitig funktionieren können. Kein „entweder… oder“, sondern den Versuch wagen, ein „sowohl als auch“ zu schaffen.
Und wenn dabei gelegentlich ein HEMA-Fechter schmunzelt, umso besser. Das bedeutet, dass sie im Training gut aufgepasst haben.








