Ein wichtiger Teil meiner Recherche besteht aktuell darin, nach Beispielen zu suchen, die historisches Fechten und moderne Filmästhetik miteinander verbinden. Dabei bin ich auf mehrere Gruppen gestoßen, die nicht nur als HEMA Praktizierende aktiv sind, sondern auch als professionelle Stuntperformer und Choreografen arbeiten und deren Videos mir teilweise schon seit mehreren Jahren ein Begriff waren. Besonders Adorea Olomouc1 sowie die BladeBros Crew2 sind für mich dabei in den letzten Monaten zu Accounts geworden, die ich regelmäßig aufrufe, um sie nun, im Gegensatz zu früher, nicht als reiner Konsument, sondern von einer anderen Perspektive analysiere.
Diese Teams veröffentlichen regelmäßig Kurzfilme, Choreografien und Trainingssequenzen auf YouTube und Instagram,wobei die Bandbreite von historisch orientierten Zweikampfszenen bis hin zu kleinen Action Geschichten reicht. Dabei fällt sofort auf, dass hier nicht nur historisches Wissen, sondern auch filmisches Handwerk eingesetzt wird. Sie bedienen hierbei sowohl “längere” Videoformate auf YouTube als auch Social Media Reels, um ein breites Publikumsspektrum zu erreichen, wodurch sich ihr Content nicht nur an HEMA Enthusiasten, sondern ganz klar auch an ein breites online Publikum richtet.
Der Fokus liegt auf Action und Dynamik und Ästhetik, sowohl bei den Stunts als auch der Kameraführung, manchmal auch mit humorvollen Elementen bestückt.
In den Videos erkennt man deutlich das sportlich-professionelle Know How der Schauspieler. Technikfolgen werden meist so gesetzt, dass sie für den Zuseher sauber erkennbar sind und Kenner des Sportes auch leicht erkennen können, dass sehr viele der Techniken auf historischen Quellen basieren. Die Bewegungen orientieren sich zu sehr großen Teilen an dem, was aus Fechtbüchern und Fechttraining nachvollziehbar wäre. Genau dieser Hybrid ist es, der mein Interesse geweckt hat, sich tiefer mit der Darstellung ebenjener Choreografien zu beschäftigen, denn besonders in modernen Hollywoodfilmen ist die Anzahl an Schauspielern, die historisch-fechterisches Know-How besitzen, verschwindend gering.
Die Kurzfilme setzen bei den Actionszenen auf eine bewegte Kamera mit teilweise längeren Einstellungen, wie man sie vergleichsweise aus modernen Actionszenen kennt, die den Kampf als kontinuierlichen Ablauf zeigen und dadurch nachvollziehbarer wirken lassen. Die Choreografien basieren meist sichtbar auf historischen Techniken und bleiben dabei für das Publikum klar lesbar. Der Schnitt ist zurückhaltend und überlässt der Bewegung im Raum das Erzeugen von Rhythmus und Spannung. Sound unterstützt die räumliche Wahrnehmung und verstärkt die physische Präsenz der KämpferInnen. Insgesamt entsteht ein Hybrid aus historischer Glaubwürdigkeit und filmischer Dynamik, der sowohl HEMA Kenner als auch ein breiteres Publikum anspricht. In den Abonnenten und Kommentatoren findet man daher mitunter auch viele Film- und Videospielenthusiasten aus den Bereichen Fantasy und History.
Was die Reels von ihren klassischen Kurzfilmen unterscheidet, ist vor allem die Art der visuellen Erzählung. Ihre Reels setzen häufig auf eine durchlaufende Kamera ohne Schnitt zwischen den Aktionen. Das bedeutet: keine Montage von vielen kurzen Einstellungen, sondern eine Bewegte Kamera begleitet die FechterInnen von Aktion zu Aktion, oft mit rasanten Kamerafahrten und stetiger Bewegung im Bild. Die Aktionen bleiben durchgehend sichtbar und werden gelegentlich von Speedramps oder kurzen SloMo Passagen untermalt. Dadurch entsteht eine andere Dynamik, als zu den Kurzfilmen, wodurch dieser Content energiegeladener wirkt und beim Zuschauer das Gefühl von kampfkünstlerischen bzw. technischem Talent der Schauspieler verstärkt. Zusätzlich sind die Akteure zumeist in modernen Settings zu sehen, welches sich auch in der Art der Bewegung von den hostorisch angehauchten Videos unterscheidet.

Besonders für die Darstellung bewaffneter Duellszenen finde ich diesen Ansatz sehr interessant: Technik, Körperbewegung und Timing erscheinen nicht fragmentiert, sondern als ein lebendiger, konstanter Ablauf, welcher die Glaubwürdigkeit unterstützt und mehr als nur eine ästhetische Choreografie vermittelt. Zusätzlich ist diese Art von Content eine spannende Verschmelzung zweier Welten und ein nicht zu unterschätzenden Ansatz, um jüngeres Zielpublikum zu erreichen und um aufzuzeigen, wie beeindruckend technisch akkurates Fechten auf Film wirken kann und wie cool dieser Sport ist 🙂











