Blogpost 2
Research-Thema: „Ästhetische und narrative Mechanismen in Animation: Morphing, Übertreibungen, Transitions und Co.“
Animationsprinzipien
Basierend auf den im vorhergehenden Kapitel angeschnittenen Gestaltungs- und Designprinzipien soll in diesem Kapitel aufgearbeitet werden, welche Gesetze und Prinzipien in der Animation zu zur Anwendung kommen können.
Meine Buch-Wishlist ist lang und das eine oder andere Buch würde in dieser Recherche wohl gute Anwendung finden, für’s erste müssen wir aber ohne sie auskommen.
Einen kleinen Blick in mögliche Must-have-Ressourcen will ich aber trotzdem in diesem Blog dokumentieren (vielleicht will mich ja jemand beschenken):
- “The Animator’s Survival Kit” von Richard Williams
Ein Klassiker, der alles abdeckt, was man über Animation wissen muss. - “The Illusion of Life: Disney Animation” von Frank Thomas und Ollie Johnston
Geschrieben von zwei der bekanntesten Disney-Animatoren; Jedemenge Einblick in die Prinzipien und die Geschichte der Animation – Angeblich die Bibel für Animationsdesigner:innen. - “Motion Design Toolkit” von Austin Shaw bzw. die neuere Auflage “Design for Motion: Fundamentals and Techniques of Motion Design”
Ein Handbuch für Motion Designer:innen, das nicht nur die Grundlagen erklärt, sondern auch auf die kreative Konzeption eingeht und Tipps für den Workflow enthält – könnte doch spannend sein? - “Typography for Screen: Type in Motion” von Shaoqiang Wang
Einfach mal googlen: Super schön und interessant wenn’s ums Thema Typo geht. - “The Creative Act: A Way of Being” von Rick Rubin
Vielleicht ein bisschen weit gegriffen um direkt mit Animation zu verbunden zu werden, aber als Kreativling ein Must-Have-Read, wurde mir gesagt.
Aber jetzt zu den Animationsprinzipien:
Der heilige Gral der Animation sind wohl die 12 Animationsprinzipien aus dem Buch The Illusion of Life: Disney Animation von Ollie Johnston und Frank Thomas – zwei Disney-Animatoren – aus dem Jahr 1981 (vgl. Thomas/Johnston 1981).
Was genau ist nun so wichtig an diesen Prinzipien? Durch die Anwendung dieser Regeln gelang es Animationen, ihren Figuren nicht nur Leben einzuhauchen, sondern auch das Gefühl zu erzeugen, dass sie den grundlegenden Gesetzen der Physik gehorchen. Das mag etwas unnötig klingen – schließlich scheint es logisch, dass etwas realistisch sein sollte – doch diese Regeln erleichtern es ungemein, 2D- (oder auch 3D-) Figuren und Elementen mit Tipps und Tricks eine Persönlichkeit zu verleihen. Sie ermöglichen es Betrachter:innen, ganz ungestört und ohne Fragen in das Gezeigte einzutauchen – sei es ein Animationsfilm oder ein Motion-Graphic-Video.
Diese Prinzipien sind für angehende Animator:innen oftmals ein kleines Sprungbrett, denn schon mit kleinen Anpassungen wird ihre Animation glaubhafter, sympathischer und wirkungsvoller. Plötzlich erkennt man in all den alten Projekten jede Menge Schwachstellen und Korrekturpunkte – und siehe da: Man hat ein Auge für Animation entwickelt.
Ohne weiter um den heißen Brei zu reden, folgt hier eine kleine Zusammenfassung dieser Prinzipien – wobei man meiner Meinung nach zum wirklichen Eintauchen und Verstehen der Thematik wohl oder übel selbst ein bisschen Recherche auf YouTube und Co. betreiben sollte. (Beispielsweise hier: https://www.randfarben.de/die-12-prinzipien-der-animation/)
1. Squash and Stretch – Stauchen und Strecken
Die Basis und für die meisten das wohl wichtigste aller Prinzipien: Man erweckt durch das Stauchen und Strecken den Eindruck, dass Elemente ein bestimmtes Gewicht oder Material haben. Das Paradebeispiel dafür ist der springende Ball: Während des Falls streckt und dehnt sich der Ball (ein hohes Oval). Trifft er auf den Boden, wird er zusammengequetscht (flaches Oval), bevor er sich in einer erneuten Dehnung wieder in die Luft katapultiert (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
2. Anticipation – Aufbau
Man denke an das Beispiel einer Person, die über einen Abgrund springen möchte. Bevor sie in hohem Bogen über die Klippe springt, geht sie in die Hocke und holt Schwung. Diese Art des Aufbaus gibt es bei den meisten Bewegungen: Jemand holt zum Schlag aus, jemand läuft los … (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
3. Staging – Inszenierung
Wie, was, wo, wann? Die Betrachter:innen fragen sich, wohin sie schauen sollen! Es gilt also immer zu überlegen, wie man eine Szene inszeniert. Ist man nah dran? Weit weg? Lässt man seitlich Platz, um anzudeuten, dass noch jemand fehlt oder gleich ins Bild kommt? Wie auch im Realfilm übernehmen die Animator:innen die Rolle der Regie: Lenke die Blicke durch die richtige Kombination aus Licht, Bildausschnitt und Komposition sowie den Verzicht auf unnötige Objekte (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
4. Straight-Ahead und Pose-to-Pose
Hier geht es mehr oder weniger um zwei Ansätze des Animierens. Wie die Namen schon sagen, wird beim „Straight-Ahead“-Ansatz jeder Frame einer Szene Schritt für Schritt von Anfang bis Ende erstellt. Das bringt den Vorteil einer flüssigen – schon fast fließenden – Bewegung und kann besonders in actionreichen Szenen den richtigen Touch bringen.
Ein anderer Ansatz – wie ihn viele aus After Effects kennen – ist die Pose-to-Pose-Methode. Hier werden im ersten Schritt die Schlüsselposen der Szene gezeichnet, beispielsweise bei einem Sprung: das Anlaufnehmen, der Moment in der Luft und die Landung. Die Frames dazwischen werden im nächsten Schritt aufgefüllt. Das bringt den Vorteil, Szenen besser zu framen und zu komponieren (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
5. Follow Through and Overlapping Action – Durchlaufende und überlappende Aktion
Diese beiden Prinzipien vereint ergeben realistische, physikalisch richtige Bewegungen. Follow-Through, also durchlaufende Aktionen, bedeutet, dass sich manche Elemente weiterbewegen, nachdem der Körper die Hauptbewegung gestoppt hat – beispielsweise Arme, die noch schwingen, oder ein Oberkörper, der sich nach dem Sprung aufrichten muss. Die Überlappung beschreibt den „Offset“ der Bewegung verschiedener Elemente, etwa Haare, die nachwehen, auch wenn die Person bereits gestoppt ist (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
6. Ease In, Ease Out – Langsam beginnen, langsam enden
Mehr als nur eine Keyframe-Aktion in After Effects: Es geht um die Beschleunigung und das Abbremsen eines Objekts in der Bewegung, z. B. bei einem laufenden Menschen. Das geschieht, indem am Anfang und am Ende der Sequenz mehr Frames erstellt werden (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
7. Arcs – Bögen
Die meisten Bewegungen in der Natur verlaufen in Bögen – sei es Springen, Ausholen oder Schwingen. Bewegungen sind flüssiger, wenn sie einem Bogen folgen, wie man es oft an Beinbewegungen oder Flugbahnen eines Balls erkennt. Bei handgezeichneten Animationen werden diese Bögen gerne als Guidelines skizziert, in After Effects sieht man sie in den Bewegungspfaden (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
8. Secondary Action – Sekundärhandlung
Eine Bewegung besteht oft aus mehr als nur der Hauptaktion, besonders wenn sie menschlich wirken soll. Ein Beispiel wäre, dass beim Gehen nicht nur die Beine, sondern auch die Arme schwingen und der Kopf leicht nickt. Wichtig ist, dass die Sekundärhandlung nicht von der Hauptaktion ablenkt (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
9. Timing
Das Timing einer Animation wird von der Anzahl der Frames bestimmt. Je langsamer eine Handlung erfolgt, desto mehr Frames oder Zeichnungen werden benötigt. Schnelle Bewegungen wie ein Stoß benötigen weniger Frames als langsamere, ausweichende Bewegungen (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
10. Exaggeration – Übertreibung
Hier geht es nicht um Realitätsnähe, sondern darum, durch Abwandlung und Übertreibung Spannung, Klarheit und Verständnis zu erzeugen. Ein breiteres Grinsen, stärkere Tränen oder ein übertrieben offener Mund verstärken den Ausdruck (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
11. Solid Drawing – Solides Zeichnen
Grundsätzlich gilt, Figuren dreidimensional wirken zu lassen. So kann besser auf das Volumen, Gewicht und die Beschaffenheit der Figuren geschlossen werden. Sie wirken dadurch realistischer (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
12. Appeal – Ausstrahlung
Das letzte Prinzip wird oft als eines der wichtigsten bezeichnet. Jede Figur oder jedes Element soll interessant wirken, Persönlichkeit haben und Charme ausstrahlen – egal, ob Schurk:in oder Held:in (vgl. Adobe, o. D.; Thomas/Johnston 1981).
Quellen:
Thomas/Johnston 1981
Thomas, Frank/Johnston, Ollie: The Illusion of Life. Disney Animation. New York: Abbeville Press 1981
Adobe o.D.
Adobe (o.D): Die 12 Prinzipien der Animation. In: Adobe/Animation/Discover, https://www.adobe.com/de/creativecloud/animation/discover/principles-of-animation.html (zuletzt aufgerufen am 17.11.2024)
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