Realität vs. Fiktion anhand des Filmes “The King” (2019)

Kampfszenen in Filmen und Videospielen sind oft spektakulär und dramatisch, aber wie viel haben sie tatsächlich mit den historischen Kampftechniken zu tun, die sie darstellen? Hier versuchen wir den Unterschied zwischen realen mittelalterlichen Kampfstilen und ihren filmischen Interpretationen zu finden. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf den Film The King (2019) gelegt, der für seine realistischen Kampfszenen gelobt wurde, aber auch Freiheiten in der Darstellung nimmt.

Die Realität mittelalterlicher Kampftechniken

Mittelalterliche Kampftechniken sind oft mit einem Hauch von Romantik und Mystik umgeben – geprägt durch Filme, Serien und Literatur. In der Realität waren diese Techniken jedoch von Pragmatismus, Effizienz und brutaler Gewalt bestimmt. Der Schwerpunkt lag darauf, den Gegner so schnell und effektiv wie möglich zu überwältigen, wobei Waffentypen, Rüstungen und die jeweilige Situation den Kampfstil entscheidend beeinflussten. Dieser Artikel gibt einen Einblick in die echte Welt mittelalterlicher Kampfkünste, ihre Entwicklung und ihren Einsatz im Krieg, bei Duellen und zur Selbstverteidigung.

  • Fechtbücher (Manuskripte):
    Diese Werke wurden von Fechtmeistern wie Johannes Liechtenauer, Hans Talhoffer und Fiore dei Liberi verfasst. Sie enthalten detaillierte Anleitungen zu Waffen, Techniken und Strategien. Die Manuskripte waren nicht nur praktische Handbücher, sondern auch ein Mittel, um Wissen zu bewahren und weiterzugeben.
  • Archäologische Funde:
    Waffen, Rüstungen und Überreste von Schlachtfeldern geben Hinweise auf die Art und Weise, wie Kämpfer ausgerüstet waren und welche Schäden durch bestimmte Techniken verursacht wurden.
  • Chroniken und Berichte:
    Zeitgenössische Berichte von Historikern oder Augenzeugen liefern oft Beschreibungen von Schlachten und Duellen, auch wenn sie manchmal übertrieben oder stilisiert sind.

Der Film „The King“ als realitätsnahes Beispiel

The King (2019), eine historische Adaption, die lose auf der Herrschaft von Heinrich V. von England basiert, bietet eine überraschend akkurate Darstellung mittelalterlicher Kampfszenen, insbesondere bei den Duellen. Der Film zeichnet sich durch seine rohe und authentisch wirkende Inszenierung aus.

Die Duellszenen von Henrich V. im Film wirken vergleichsweise realistisch, insbesondere in ihrer Dynamik und Brutalität. Der Kampf gegen den Dauphin hebt dabei einige Techniken hervor, die aus historischen Fechtbüchern stammen:

  • Langschwert & Halbschwert: Das Duell wird mit Langschwertern begonnen, welche, je nach Technik, für einhändige Häue oder kraftvolle Hiebe zum Halbschwert umgegriffen werden.1
  • Arm- und Leibringen: Im Duell setzt Heinrich nach Verlust des Schwertes Griffe sowie Schläge ein, die zwar auf improvisierte Taktiken hindeuten, jedoch einen korrekten Kern innehaben, da sie an Hans Tallhoffers Stücke zum Thema Ringen erinnern2.
  • Dolch: für schwer gerüstete Harnischfechter war es gängig, dass ein Dolch (zu der im Film spielenden Zeit waren dies Scheibendolche) mitgeführt wurde. Zu diesem wird gegriffen, sobald der Fechter seine Primärwaffe nicht mehr in Händen hält3

Sowohl die Stücke aus dem Halbschwert als auch aus dem Ringen wurden hierbei überraschend akkurat umgesetzt ohne dabei in dramaturgische Stilisierungen zu verfallen. Auch das Ende des Kampfes geschah durch einen gezielten Stich in die Blöße des Halses, was eine gängige Trefferzone der damaligen Gefechte im Harnisch war.

“Ob er dir stich mit gancz krafft von vndñ auff zw dem leib So stich ym von oben zwischn seins tenkchn arm vnd swert durch vnd heb vbersich mit den knopff als dw es obenn gemalt siechst”
Harnischfechtstück im Halbschwert aus dem Gladiatoria Manuskript -Transkribiert von Dierk Hagedorn4
Eine leicht abgewandelte Form ebenjenes Stücks ist in Minute 2:26 zu sehen.

“A throwing technique from the upper and lower weak points.” von Paulus Hector Mair, Seite 72 (~1540)5


Diese Wurftechnik ist bei Minute 1:19 ebenfalls sehr akkurat und nach Quellen rekonstruert zu sehen.

Künstlich länger gezogener Kampf als fiktionale Freiheit:

Die oben zu sehende Duellszene hätte bei historisch korrekt angewendeten Taktiken theoretisch bereits nach der Hälfte der Szene enden können, indem einer der beiden Kontrahenten während des Ringens am Boden zu ihren jeweiligen Dolchen gegriffen hätte, was in einer solchen Gefechtssituation die historisch gängigste Angriffsmethode darstellt und erst wenige Sekunden vor Ende der Szene umgesetzt wurde. Davor zeigte keiner der Beiden Anzeichen den Dolch einzusetzen.

Insgesamt schafft es The King jedoch, historische Genauigkeit mit erzählerischen Anforderungen zu vereinen. Während einige Elemente, wie der Aufbau der Schlachtreihen der englischen Armee, vereinfacht wurden, bleibt die Grundstimmung der Kämpfe glaubwürdig und realistisch. Der Film ist ein gutes Beispiel dafür, wie historische Kampftechniken in modernen Filmen dargestellt werden können, ohne ihre Authentizität aufzugeben.

  1. Harnischfechten mit Lang- und Halbschwert nach Gladiatoris
    https://wiktenauer.com/wiki/Gladiatoria_group ↩︎
  2. Leibringen nach Hans Talhoffer
    https://wiktenauer.com/wiki/Hans_Talhoffer ↩︎
  3. Harnischfechten mit Dolch nach Gladiatoris
    https://wiktenauer.com/wiki/Gladiatoria_group ↩︎ ↩︎
  4. 6. Stück im Reiter Langschwert
    https://wiktenauer.com/wiki/Gladiatoria_group ↩︎
  5. Paulus Hector Mair
    https://wiktenauer.com/wiki/Paulus_Hector_Mair ↩︎