Impuls 6: The Possession of Hannah Grace

In meiner zweiten Filmanalyse dreht sich alles um den Horrorfilm The Possession of Hannah Grace, den ich bis dato selbst noch nicht gesehen hatte, aber aus gutem Grund ausgewählt habe. Er war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 2018 nämlich der erste Feature Film der in voller Länge auf einer spiegellosen Sony Kamera, der A7SII, gedreht wurde. Also genau das was ich vor habe.

Generelle Überlegungen

Der gesamte Film spielt in einer Leichenhalle und ist dementsprechend durchgehend Low-Key geleuchtet. Laut dem 1st AC, war dies auch exakt das was das menschliche Auge am Dreh gesehen haben soll. Heißt: Die Dunkelheit wurde nicht durch das Runterziehen der Schatten in der Post erzeugt, sondern das Set war wirklich so dunkel. Laut ihm wurde fast alles auf ISO 3200 geshootet, was eben diese Vorgehensweise ermöglicht hat. Zusätzlich, so hat man es im BTS gesehen, wurde anscheinend etwas gemacht, was ich so als Ratschlag noch in keinem Video gefunden habe: Irgendwie hatte es nämlich den Anschein, dass manche Szenen wirklich von den Practicals geleuchtet wurden. Auch wenn die Practicals, jetzt in diesem Fall keine klassischen Tischlampen hinten am Schreibtisch, sondern fette Neonröhren an der Decke waren, hat mich das doch sehr verwundert. Der (aus meiner Sicht) damit induzierte Effekt war natürlich, dass das Licht automatisch viel toppiger kam, und tiefe Schatten unter den Augen erzeugte. Als Beweis dafür, was ich damit meine, hier zwei Screenshots aus dem BTS des Films. In beiden Fällen kann ich eigentlich nur eine Lichtquelle ausmachen. Im Falle der Spiegelszene wahrscheinlich ein Tube-Light über dem Spiegel, und im Gang die Practicals an der Decke.

Frame 1-3: Die Heldin

Der erste Frame ist ein klassischer Shot im Film. Noch (oder gerade) geht keine Bedrohung von der halbtoten besessenen Leiche im Kasten aus, und die Hauptdarstellerin macht einfach ihren Job als Nachtarbeiterin in der Leichenhalle. Jedoch wird sogar schon hier mit einem extrem starken Kontrastverhältnis im Gesicht und mit extrem hartem Licht gearbeitet. In diesem Fall wird das Key-Light von der nebenstehenden Gerätschaft samt ihrem beleuchteten Arbeitsplatz motiviert, der mit Neon-Röhren ausgestattet ist, wie man in anderen Einstellungen sehen kann. So dunkel wie die Fill-Seite ist, dürfte kaum aus dem Frame draußen wohl eine fette Flag mit negative Fill gestanden sein, um das Gesicht so kontrastig hinzubekommen.

Im zweiten Frame ist sie bei der Einführung in ihren neuen Job zu sehen. Wie in der Einleitung beschrieben, sehr toppig geleuchtet, womöglich sogar wirklich mit den Deckenlampen am Set. Auch hier finde ich die Schatten im Gesicht, diesmal unter den Augen, sehr prominent. Besonders gut gefällt mir aber, wie ihr Chef in dem Licht herausgearbeitet wird. Anscheinend (zumindest soll es so den Eindruck machen) steht er direkt zwischen zwei Neonröhren. Die kameranahe gibt ihm Licht auf die Schulter, die ferne noch weiter hinten auf die Brust, sein Kopf inzwischen ist fast unbeleuchtet. Ich könnte mir vorstellen, dass sie dafür einfach die Practicals (sofern es mit diesen geleuchtet ist) mit schwarzem Stoff innen abgeklebt haben, um zu verhindern, dass sie streuen. Dadurch entsteht dann diese schöne Separation und der hohe Kontrast.

Im dritten und letzten Frame der Heldin wird es schon spannender, denn sie hört die ersten Geräusche und geht diesen auf den Grund. Was auffällig ist: Ab hier werden die Kontraste auf ihr eigentlich immer geringer, da sie als gesamtes immer dunkler wird. Wie vorher kommt das Licht sehr toppig, aber viel schwächer als vorher, was dafür spricht, dass die Practicals vermutlich Tubes sind, die das Team frei in ihrer Helligkeit kontrollieren konnte.

Besonders gut gefallen mir hier die Kontraste um sie herum. Die einzelnen Tische und Arbeitsflächen, die Bildschirme, die roten Knöpfe hinter ihr etc.. In diese Einstellung hätte man wirklich kaum mehr Lichttupfer einfügen können, ohne das es gestellt wirkt, immer schön mit der Separierung, dass zumindest kurz dazwischen schwarz ist. Außerdem ist nicht nur ein Kontrast zwischen hell und dunkel, sondern auch warm und kalt gegeben, da sie eindeutig kühler daherkommt, als die Tischlampen seitlich.

Frames 4-6: Die Besessene

Im ersten Frame ist die Anfangsszene zu sehen, in der der ursprüngliche Exorzismus am Mädchen scheitert. Für mich hier am auffälligsten ist die Farbe des Lichts, denn ihr weißes Gewand scheint eigentlich fast schon türkis, so kalt ist das Licht, das sie für diesen Shot gewählt haben. Das erzeugt natürlich auch auf der Haut extrem unnatürliche Töne, die einem das Gefühl vermitteln, dass hier etwas ganz und gar nicht passt. Verwunderlich finde ich die in diesem Fall recht gleichmäßige Ausleuchtung ihres Gesichts. Vielleicht war hier das Ziel, soviel von der Verrücktheit in ihren Augen mitzunehmen wie möglich.

Dieses fast schon türkise Licht zieht sich auch weiter durch ihre Darstellungen. Im Fall des zweiten Frames aber im Winkel mehr wie ich es eigentlich erwarten würde, nämlich sehr seitlich, mit starkem Kontrast zur Fill Seite. Auch sehr interessant: Das Backlight, das ihre Schultern und Haare vom Hintergrund abhebt. Dieses kommt nämlich aus einer sehr ähnlichen Richtung wie das Key – kann aber meiner Meinung nach nicht das gleiche sein, da sich das physikalisch nicht ganz ausgehen würde. Dadurch erreichen die Filmemacher aber natürlich einen recht interessanten Effekt: Sie können verhindern, dass die Darstellerin im dunklen Hintergrund absäuft, ohne irgendwie die Helligkeit der Fill-Seite angreifen zu müssen, und können diese ganz dunkel lassen.

Im letzten Frame ist dann die Kacke wirklich am Dampfen, denn der Dämon fordert in diesem Moment sein (glaube ich) drittes Opfer. Und drastischer geht es eigentlich auch kaum. Abgesehen davon, dass der Charakter eigentlich völlig absäuft und fast komplett dunkel daherkommt, ist die gesamte Umgebung in der signalstärksten aller Farben geleuchtet und das Spitzlicht an ihren Haaren macht mit dem Sensor der Kamera sowieso was es will. Also eigentlich gibts im gesamten Frame nur die drei RGB Values für schwarz, weiß und rot, mehr ist nicht.

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