Die Rolle des Lichts im Sakralraum

Gespräch mit D. Bauer

Im Rahmen des Kurses Design and Research 3 fand ein gemeinsames Reflexionsgespräch mit D. Bauer statt. Bauer verfügt über umfassende Erfahrung im Bereich medialer Gestaltung und Produktionsprozesse. Während einer intensiven halbstündigen Sitzung bot er uns die Gelegenheit, die eigenen Masterarbeitskonzepte kritisch zu beleuchten und inhaltliche Schwerpunkte zu präzisieren.

Für mich war dieses Gespräch besonders wertvoll, da ich mich bis dahin schwer tat, den theoretischen Kern meiner Masterarbeit klar zu fassen. Mein ursprünglicher Ansatz beschäftigte sich mit der Frage, wie der kulturelle oder religiöse Raum die Wahrnehmung eines Videomappings beeinflusst, insbesondere in Kirchen oder Kapellen. Obwohl mich das Thema von Beginn an faszinierte, war es in seiner formulierten Form noch relativ breit und theoretisch schwer greifbar.

Licht als zentrales Medium im sakralen Raum

D. Bauer reagierte positiv auf meinen Ansatz und riet mir, ihn nicht aufzugeben, sondern konzeptionell zu schärfen. Seine wichtigste Empfehlung bestand darin, das Thema stärker auf den Begriff Licht zu fokussieren. Dieser Hinweis eröffnete eine neue Perspektive:

  • Kirchen sind seit Jahrhunderten lichttheologisch und lichtarchitektonisch aufgeladen.
  • Licht besitzt in sakralen Kontexten eine symbolische, atmosphärische und spirituelle Funktion.
  • Architektur und Lichtführung sind in Kirchen untrennbar miteinander verbunden.
  • Videomapping ist letztlich geformtes und gelenktes Licht, das eine räumliche Bedeutung erzeugt.

Damit ergibt sich eine klarere Forschungsfrage:

Welche Rolle spielte und spielt Licht im sakralen Raum – und wie verhält sich künstliches Licht (Videomapping, Projektion) im Vergleich zu historischem, natürlichem oder spirituellem Licht?

Bauer betonte, dass diese Fragestellung sowohl kulturgeschichtlich anschlussfähig sei als auch eine solide Verbindung zum praktischen Teil meiner Arbeit ermögliche.

Überfrachtung vs. Reduktion

Im Gespräch schilderte ich Bauer eine persönliche Erfahrung: Bei einer Videomapping-Ausstellung in Wien empfand ich die Inszenierung in einer katholischen Kirche als ästhetisch überladen. Kirchen besitzen bereits eine sehr dichte visuelle Struktur – Skulpturen, Fresken, Altäre, Ornamente. Das Hinzufügen intensiver Farben und schnell wechselnder Bilder wirkte künstlich und störend.

Sakrale Räume sind keine neutralen Projektionsflächen. Vielmehr besitzen sie eine jahrhundertelange ikonografische und atmosphärische Tradition.

Daraus ergab sich für mich eine wichtige Erkenntnis:

Videomapping im sakralen Raum muss nicht laut und farbintensiv sein. Es kann auch als reduziertes Lichtmapping funktionieren – etwa mit weißem Licht, das architektonische Elemente subtil hervorhebt.

Damit wird Projektion zu einer Art zeitgenössischer Lichtliturgie, die bestehende Architektur kommentiert statt überlagert.

Die Andräkirche Graz – ein potenzieller Ausstellungsort

© dibk.at

Besonders wichtig war Bauers Hinweis auf die Andräkirche in Graz. Diese Kirche ist bekannt für ihre experimentelle Offenheit gegenüber zeitgenössischer Kunst. Über Jahre hinweg war Hermann Glettler, heute Bischof von Tirol, dort tätig. Er prägte die Andräkirche maßgeblich, indem er sie ab 1999 zu einem Ort machte, an dem moderne Kunst, performative Formate, mediale Installationen und liturgischer Raum miteinander in Dialog treten.

Glettler vertritt die Auffassung, dass Kirchenräume nicht museal erstarren dürfen, sondern als lebendige kulturelle Räume fungieren sollen. Er öffnete St. Andrä bewusst für Projekte, die Grenzen verschieben – darunter Lichtkunst, politische Kunst, interdisziplinäre Performances und mediale Interventionen.

Für meine Masterarbeit eröffnet dies eine äußerst spannende Möglichkeit:

Warum die Andräkirche ideal wäre

  • Sie verbindet sakrale Tradition mit zeitgenössischer Experimentierfreude.
  • Sie ist architektonisch reich und atmosphärisch intensiv.
  • Es existiert dort eine bereits etablierte künstlerische Infrastruktur.
  • Der Raum ist kulturgeschichtlich bedeutungsvoll und zugleich medienkunstfreundlich.
  • Sie wäre ein realer Kontext, um die Rolle von künstlichem Licht im religiösen Raum zu untersuchen.

Die Andräkirche könnte damit ein Ort für meinen praktischen Masterarbeits-Teil werden.

Literaturrecherche und theoretische Grundlage

Seit dem Gespräch habe ich begonnen, systematisch Literatur zum Thema Licht im sakralen Kontext, Atmosphäre, architektonische Lichtführung und Wahrnehmung zu sammeln. Dabei sind mehrere Quellen besonders relevant für die theoretische Fundierung meiner Masterarbeit.

Folgende Bücher habe ich während meiner bisherigen Recherche gefunden und sie könnten einen wesentlichen Beitrag zum theoretischen Teil meiner Arbeit liefern:

Baukunst aus Raum und Licht: Sakrale Räume in der Architektur der Moderne (Zahner 2012).
Diese Publikation untersucht, wie moderne sakrale Architektur Licht als konstitutives Gestaltungselement einsetzt. Besonders relevant ist die Verbindung zwischen spiritueller Bedeutung und architektonischer Lichtdramaturgie.

Architektur und Atmosphäre von Gernot Böhme (2013).
Böhmes Konzept der Atmosphäre bietet eine theoretische Grundlage, um zu analysieren, wie Licht Stimmung, Raumwirkung und Wahrnehmung erzeugt. Für die Untersuchung sakraler Räume ist dieses Werk theoretisch zentral und methodisch richtungsweisend.

The Design of Lighting von Peter Tregenza und David Loe (1998).
Dieses Buch liefert einen technisch fundierten, gestalterischen und wahrnehmungspsychologischen Überblick über Lichtgestaltung. Besonders wertvoll ist seine praxisorientierte Herangehensweise, die sich gut auf Projektionstechnik, Videomapping und architektonische Lichtführung übertragen lässt.

Licht–Räume: Die Kunst architektonischer Beleuchtung (Zumtobel Staff 1998).
Diese Publikation analysiert Lichtführung anhand realer Architekturprojekte und verbindet technische Erkenntnisse mit ästhetischen Überlegungen. Gerade für die Frage nach der Funktion künstlichen Lichts im sakralen Raum ist sie von großer Bedeutung.

Farbe und Licht: Symbolik bei Aleksandr Blok von Johanne Peters (1981).
Obwohl literaturwissenschaftlich orientiert, bietet dieses Werk eine tiefgehende Analyse der symbolischen Bedeutung von Licht. Es eignet sich daher für theoretische Querverweise und unterstützt die Untersuchung von Licht als kulturellem Bedeutungsträger.

Diese Literatur bildet gemeinsam ein solides Fundament, um die Rolle des Lichts sowohl historisch, ästhetisch als auch atmosphärisch zu verstehen – und um künstliches Licht (Mapping, Projektion, Weißlichtintervention) differenziert in den Kontext sakraler Räume einzuordnen.

Bildnachweise (Chicago Style)

Bild 1 – Herz-Installation im Altarraum

Bildquelle: Kath.ch. 2023. „Bischof Glettler zu Herz im Altarraum: Im Lärm ging eigentliches Thema fast unter.“
© Kath.ch / Diözese Innsbruck / Fotograf: unbekannt.
Accessed February 2025.
https://www.kath.ch/newsd/bischof-glettler-zu-herz-im-altarraum-im-laerm-ging-eigentliches-thema-fast-unter/

Literaturverzeichnis (Chicago Author–Date)

Stadt Graz. 2020. Kirche St. Andrä – Kunst am Bau.
Accessed February 2025. https://www.graz.at/cms/beitrag/10271682/7776088

Kath.ch. 2023. „Bischof Glettler zu Herz im Altarraum: Im Lärm ging eigentliches Thema fast unter.“
Accessed February 2025.
https://www.kath.ch/newsd/bischof-glettler-zu-herz-im-altarraum-im-laerm-ging-eigentliches-thema-fast-unter/

Böhme, Gernot. 2013. Architektur und Atmosphäre. München: Fink.

Peters, Johanne. 1981. Farbe und Licht: Symbolik bei Aleksandr Blok. Frankfurt am Main: PH02.
https://directory.doabooks.org

Tregenza, Peter, und David Loe. 1998. The Design of Lighting. London: Spon Press.

Zahner, Walter, Hrsg. 2012. Baukunst aus Raum und Licht: Sakrale Räume in der Architektur der Moderne. Lindenberg: Kunstverlag Fink.Zumtobel Staff. 1998. Licht–Räume: Die Kunst architektonischer Beleuchtung. Dornbirn: Zumtobel Staff.


Hinweis zur Verwendung von KI-Tools

Zur sprachlichen Optimierung und für Verbesserungsvorschläge hinsichtlich Rechtschreibung, Grammatik und Ausdruck wurde ein KI-gestütztes Schreibwerkzeug (ChatGPT, OpenAI, 2025) verwendet.

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