Diversity and Representation in Animation (Extra Blogpost bzgl. Exkursion Pixel Vienna)

Für all jene, die nicht Roman sind und sich fragen warum es einen elften Blogpost gibt:
Bei unserer Media-Exkursion im Herbst zur Pixel Vienna 2024 hab ich leider den abschließenden Panel-Talk am Sonntag verpasst und kompensieren diesen damit, mir die 2023 Version davon auf YouTube anzusehen. Was ich zuerst als nervige Aufgabe empfunden habe empfinde ich jetzt, eine Stunde später, aber als unglaublich interessant und bereichernd, also DANKE ROMAN! (Ernst!)
Worum geht es: Diversity and Representation in Animation and Character Design Challenge Awards (PIXELvienna 2023)

Ich habe mir einige Notizen gemacht und versuche den Post hier anschließend zusammenzufassen und die wichtigsten Erkenntnisse in eine Liste zu bringen.

Die Welt der Animation ist bunt, kreativ und voller Möglichkeiten. Doch wie schafft man es, Geschichten zu erzählen, die nicht nur unterhaltsam sind, sondern auch die Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegeln? Beim Paneltalk der PIXELvienna 2023 diskutierten Expert:innen aus der Animations- und Spielebranche (Amelie Loy, Tova Bele, Yassmine Najime, Anne Raffin) über Diversität, Repräsentation und die Herausforderungen, die damit einhergehen. Schwerpunkt der Gespräche war Storytelling und Charakterdesign.

Zu Beginn des Talks leiten die Expertinnen das Thema damit ein, über Charaktere zu sprechen die sie in der Vergangenheit geprägt haben, denn animierte Charaktere haben einen enormen Einfluss auf uns – sei es in der Kindheit oder im Erwachsenenalter. Charakter (ob Animation oder Realfilm) prägen unsere Vorstellungen von Held:innen, Vorbildern und sogar von uns selbst, aber leider sind diese oft von Stereotypen geprägt. Ein Beispiel, das in der Diskussion genannt wurde, ist Mulan: Während sie als starke, unabhängige Figur gefeiert wird, gibt es auch kritische Aspekte, wie die Darstellung der „bösen“ Schurken, mit dunklerer Hautfarbe, die rassistische Klischees bedient.

Die Frage mit der sich die Personen in den Gesprächen also beschäftigen ist: Wie können wir Charaktere gestalten, die vielfältig und authentisch sind, ohne in Stereotypen zurückzufallen?

Tipps für gutes Charakterdesign ohne Stereotype

  1. Umgebe dich mit jenen Menschen, deren Geschichten du erzählst!
    Wenn du über bestimmte Gruppen oder Identitäten schreibst ist es wichtig, sich mit eben diesen Menschen zu umgeben, die diese Erfahrungen teilen. Yassmine Najime erwähnte, dass selbst die besten Absichten fehlschlagen können, wenn man nicht die Perspektiven der Betroffenen einbezieht.
    Beispielsweise wurde bei der Entwicklung eines Spiels über einen Rollstuhlfahrer ein:e Rollstuhlbasketballspieler:in konsultiert, um sicherzustellen, dass die Darstellung authentisch ist, wie Tina Bele erzählt.
  1. Inspiration aus der realen Welt holen
    Im Talk wird betont, dass die reale Welt voller Vielfalt ist und dadurch wohl der Beste Ort ist, um sich Inspiration und das richtige Gefühl für Diversität im Charakterdesign zu verschaffen. Die Message lautet: Geh raus, beobachte Menschen in der Stadt, zeichne live und lass dich von der Vielfalt an Körpern, Kleidungsstilen und Bewegungen inspirieren. 
  1. Komplexe Charaktere
    Jeder Mensch ist komplex – gut und schlecht, stark und verletzlich. Diese Komplexität sollte sich auch in den Charakteren widerspiegeln. Es wird langweilig, wenn Charaktere nur „gut“ oder „böse“ sind. Figuren sollen mehrdimensional sein und sich nicht einfach in Schubladen gesteckt werden. AUCH WICHTIG: Nicht jeder Charakter in deinem Film muss alle diese Schichten immer zeigen und erklärt bekommen, sonst kommt der Film wahrscheinlich nie an ein Ende.
  2. ES MACHT EINEN UNTERSCHIED: Diversität am Arbeitsplatz:
    Diversität spielt nicht nur in den Geschichten, sondern auch in den Kreativ-Teams eine Rolle. Tova Bele erzählt beispielsweise aus ihrem Studio: Als mehr Frauen eingestellt wurden, verbesserte sich die Feedback-Kultur und die Arbeitsatmosphäre insgesamt.
    Was ich persönlich auch Interessant fand war der Einwand zu Portfolios:
    Durch die Einführung von anonymen Portfolios – bei denen Bewerber:innen ihre Arbeiten ohne Namen oder Bilder einreichen – konnte man auch Frauen und nicht-binären Menschen erreiche, die sonst von den ihnen anerzogenen Normen eingeschränkt wurden. Frauen schränken sich durch diese gesellschaftlichen Normen nämlich selbst viel mehr ein, trauen sich weniger und haben das Gefühl sich andauernd beweisen zu müssen und nie gut genug zu sein.

Spannende Ansätze im Storytelling

  1. Erzähle eine Geschichte, bevor du Diversität einbaust
    Es ist wichtig, dass Diversität nicht erzwungen wirkt, ansonsten hat man jenes Phänomen dass viele bei Netflix derzeit bemängeln. Anne Raffin erklärte, dass man beispielsweise zuerst eine starke Geschichte braucht und erst dann Aspekte der Diversität einfließen lassen kann, ohne den Fokus zu verlieren. Eine Figur kann beispielsweise trans sein, ohne dass dies der zentrale Konflikt der Geschichte ist – So normalisiert man eben jene Personen und macht ihre Kämpfe nicht immer zur gesamten Persönlichkeit.
  2. Wechsle die Geschlechter deiner Charaktere
    Ein cleverer Tipp aus der Diskussion ist es auch, nachdem man die Geschichte geschrieben hat die Geschlechter der Charaktere auszutauschen, denn dadurch werden oft unbewusste Stereotype sichtbar, die mann dann korrigieren kann.
  3. Reduziere Charaktere nicht immer auf ihre Kämpfe
    Es ist leicht, Charaktere auf ihre Identität oder ihre Herausforderungen zu reduzieren – aber eine echte Repräsentation bedeutet, sie als vielschichtige Persönlichkeiten zu zeigen. 
    Wie kann man das also „unauffällig mitgeben“? Durch Visual Storytelling in form von Kleidung, Licht und Umgebung kann man viel über die Hintergründe und Systeme, in denen sich die Charaktere befinden, vermitteln ohne diese explizit zu thematisieren.

Und auch bei den Besten: Fehler passieren – und das ist okay

Selbst mit den allerbesten Absichten können Fehler passieren. Ein Beispiel aus der Serie Sex Education: Trotz sehr vielen Bemühungen um verschiedenste Identitäten zu integrieren gab es bei der Darstellung einer asexuellen Figur viel Kritik aus der Community.
Die Sprecher:innen betonten aber, dass es wichtig ist, aus Fehlern zu lernen und nicht den Willen zu verlieren, sich zu verbessern. Eine spannende Anmerkung war es auch, dass wir es gesellschaftlich erst dann geschafft haben, wenn eine asexuelle Figur, oder eine andere derzeit unterrepräsentierte Identität im Film auch mal unsympathisch sein kann, ohne dass dies auf alle asexuellen Menschen übertragen wird.

Kurz: Tipps für Diversität und Repräsentation in der Animation

  1. Inspiriere dich von der Umwelt – Beobachte Menschen und ihre Vielfalt.
  2. Beziehe die thematisierte Community ein 
  3. Schaffe komplexe Charaktere, die nicht nur „gut“ oder „böse“ sind.
  4. Vielfalt im Team führt zu besseren Geschichten.
  5. Erzähle zuerst eine starke Geschichte – Diversität sollte meistens natürlich in die Handlung integriert sein.
  6. Tausche die Geschlechter deiner Charaktere im Story-Prozess mal aus, denn so findest du unbewusste Stereotype.
  7. Reduziere Charaktere nicht auf ihre Identität – Zeige sie als vielschichtige Persönlichkeiten.
  8. Lerne aus Fehlern – Perfektion ist nicht das Ziel, aber kontinuierliche Verbesserung.
  9. Nutze Visual Storytelling – Zeige die Hintergründe deiner Charaktere durch Details, ohne es explizit zu sagen.

Diversität und ihre Repräsentation in Film und Animation sind keine neuen Themen, aber sie sind essenziell, um Geschichten zu erzählen, die unsere Welt widerspiegeln! Die Diskussion zeigt, dass es dabei nicht um Perfektion geht, sondern um die Bereitschaft, zuzuhören, zu lernen und sich weiter zu entwickeln!

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