Waffengattungen und ihre (mehr oder weniger) korrekte Handhabung in Filmen

Wenn man an Historienfilme oder klassische mittelalterliche Heldenepen denkt, so ist das Langschwert oft die Waffe der Wahl für den Protagonisten. Es gilt als Symbol für Ritterlichkeit, Ehre und Stärke, doch wie realistisch werden die Kampftechniken mit dieser Waffe tatsächlich dargestellt? Während Langschwertkämpfe in Filmen häufig stilisiert oder historisch ungenau inszeniert werden, zeigen sich bei anderen Waffengattungen oft überraschend präzise Choreografien. Besonders Rapiere und Säbel, die im Vergleich zum Langschwert „modernere“ einhändige Waffen sind, ermöglichen einen schnelleren und wendigeren Kampfstil – und werden entsprechend anders in Szene gesetzt.

Der Grund für diese Unterschiede liegt unter anderem in den überlieferten Quellen. Während für Rapiere und Säbel zahlreiche detaillierte Fechtbücher existieren, die ihre Anwendung präzise beschreiben, sind die ältesten Manuskripte zum Langschwert, wie die Merkverse von Johannes Liechtenauer, oft kryptisch verfasst und lassen Raum für Interpretation. Doch wie wirkt sich das auf die Darstellung in Filmen und Spielen aus? Und welche Produktionen schaffen es, historische Fechttechniken authentisch auf die Leinwand zu bringen? In diesem Blog werfen wir einen genaueren Blick auf die Umsetzung verschiedener Waffengattungen und analysieren, wo Film und Realität sich überschneiden – und in welchem Film sie in Perfektion eingefangen wurde.

Eine Übersicht von Waffen-Archetypen, zu welcher Zeit sie verwendet wurden, in welchen Sprachen Quellen dazu existieren. 1

Langschwert: Schwierige Rekonstruktion, stilisierte Darstellung

Das Langschwert war eine der wichtigsten Waffen des Mittelalters und der Renaissance. Seine Technik ist in Fechtbüchern wie denen von Johannes Liechtenauer (15. Jahrhundert) oder Fiore dei Liberi (14. Jahrhundert) überliefert. Doch diese Werke sind oft in metaphorischer Sprache verfasst oder Fechtstücke sind nur grob anhand eines Bildes und einem erklärenden Satz grob zusammengefasst, was eine direkte Anwendung erschwert und viel Interpretationspielraum lässt.

far nach zwayen dingen
sind aller kunst ain ursprung
din schwöch und din sterck
din arbait darby eben merck
So machstu lern
Mit fechten dich erwern
wer also erschricket gern
2

Das europäische Langschwert war über Jahrhunderte eine der wichtigsten Waffen im Zweikampf und auf dem Schlachtfeld. Doch wenn es um die filmische Darstellung geht, geraten die Kämpfe oft ins Reich der Fantasie. Während das Langschwert in historischen Fechtbüchern wie denen von Johannes Liechtenauer (15. Jahrhundert) oder Fiore dei Liberi (14. Jahrhundert) ausführlich beschrieben wird, sind diese Texte oft metaphorisch und schwer verständlich. Die Anweisungen sind nicht immer eindeutig, sodass heutige Fechtmeister und Choreografen auf Interpretationen angewiesen sind.

Filmbeispiele: Langschwertkämpfe zwischen Realismus und Übertreibung

  • The King (2019) – Roh, ungeschönt und authentisch
    The King präsentiert eine der realistischsten Darstellungen mittelalterlicher Kampfkunst mit dem Langen Schwert. Die im Film gezeigte Duellszene zeigt hierbei eindrucksvoll, wie Harnischgefechte dazumal höchst wahrscheinlich aussahen. Im Film angewendete Techniken können durch das Dresdner Fechtbuch von Paulus Hector Mair, das Gladiatoria 3Fechtbuch sowie den Illustrationen des Wiener Fechtbuches (Cod.11093)4 belegt werden.
  • Braveheart (1995) – Breite Schwünge für die Kamera
    Mel Gibsons Braveheart inszeniert die Schwertkämpfe mit riesigen überstilisierten Ausholbewegungen und lässt die Charakteren dabei nicht auf Distanz und Schutz achten – hier wird eindeutig für den dramatischen Effekt als für historische Genauigkeit gekämpft.
  • Ironclad (2011) – Wenn Chaos zur Inszenierung wird
    Der Belagerungsfilm Ironclad setzt auf kompromisslose Härte und schmutzige, brutale Kämpfe. Doch während der gesamten Gewalt, fehlt in den Ausführungen der Angriffe oft eine klare Struktur in den Bewegungen, wodurch diese in einigen Szenen eher an instinktives Schlagen als an echte Fechtkunst erinnert. Insbesondere das gegen Ende des Films beidhändig geführte Falchion, welches der Grifflänge zufolge klar einhändig geführt werden sollte, unterstreicht den Level an Realismus, der dargestellt wird.

Rapier und Degen: Die Kunst der schnellen Stiche

Mit dem Aufkommen der Feuerwaffen im 16. und 17. Jahrhundert wurden schwerere Klingen zunehmend durch leichtere, schnellere Waffen ersetzt. Die Fechtkunst dieser Zeit wurde in zahlreichen präzisen Fechtbüchern festgehalten, darunter Werke von Ridolfo Capo Ferro (1610) oder Salvator Fabris (1606). Diese Quellen bieten exakte Beschreibungen und Illustrationen, wodurch Fechtchoreografen auf umfangreiches Material zurückgreifen können.

Filmbeispiele für Rapiergefechte

  • The Duellists (1977) – in der Kürze (der Duelle) liegt die Würze
    Ridley Scotts The Duellists bietet einige der historisch akkuratesten Rapier- und Säbelgefechte in der Filmgeschichte. Die Duelle sind nicht nur präzise, sondern auch taktisch und scheuen dabei auch nicht davor zurück zu zeigen, dass ein solches Duell nur wenige Sekunden dauern kann.
  • Cyrano de Bergerac (1990) – Fechten als Charakterzeichnung
    Gérard Depardieus Cyrano setzt das Rapier nicht nur für den Kampf, sondern auch für theatrale Gesten ein. Die Fechtszenen zeigen eine Mischung aus historischer Genauigkeit und theatralischer Überhöhung, was die Verspieltheit des Charakters unterstreicht.
  • The Three Musketeers (1973) – Präzise, aber stilisierte Fechtkunst
    • Die klassischen Mantel-und-Degen-Filme der 70er Jahre setzen zwar oft auf reale Fechttechniken, übertreiben aber ihre Eleganz.
    • Dennoch sind die Musketeers-Filme deutlich näher an historischer Fechtkunst als viele mittelalterliche Filme.

Säbel: Präzision in Bewegung

Eine der am besten dokumentierten Waffen ist der Säbel. Besonders im 18. und 19. Jahrhundert wurden detaillierte Fechtbücher erstellt, darunter „The Broad Sword and Single Stick“ von Roworth (1798) oder „Cold Steel“ von Alfred Hutton (1889). Diese präzisen Quellen ermöglichen es, Säbelkämpfe in Filmen mit hoher technischer Qualität umzusetzen.

Fechterische Perfektion im Film: Born for the Saber (2019)

Der polnische Film “Born for the Saber” (Zrodzeni do Szabli) ist ein außergewöhnliches Beispiel für die korrekte Darstellung historischer Säbeltechniken. Er zeigt die Kunst der polnischen Husarenfechter, die im 17. Jahrhundert für ihre Schnelligkeit und Effizienz berühmt waren.

Analyse der Fechtchoreografie

  • Technische Präzision:
    Die gezeigten Säbeltechniken basieren direkt auf historischen Quellen und werden mit extremer Detailgenauigkeit umgesetzt. Schnelle, präzise Hiebe und Paraden bestimmen die Kämpfe – ein klarer Kontrast zu vielen Hollywood-Filmen.
  • Körperbewegung & Fußarbeit:
    Born for the Saber stellt die feine Fußarbeit und das taktische Distanzspiel des polnischen Fechtstils korrekt dar. Die Kämpfer nutzen weite Ausweichbewegungen und schnelles Umschalten zwischen Angriff und Verteidigung.
  • Vergleich mit anderen Filmen:
    Im Gegensatz zu Fluch der Karibik, wo der Säbelkampf oft spielerisch und überzogen wirkt, oder The Patriot, wo Hollywood-typische Übertreibungen dominieren, bleibt Born for the Saber vollständig der historischen Realität verpflichtet.

Fazit: Warum spätere Waffen realistischer dargestellt werden

Je neuer die Waffe, desto präziser sind die überlieferten Quellen – und desto realistischer können Filmszenen gestaltet werden. Während Langschwertkämpfe oft stilisiert oder falsch interpretiert werden, profitieren Rapier- und Säbelgefechte von exakten historischen Beschreibungen.

Born for the Saber zeigt eindrucksvoll, wie detailgetreu und spektakulär eine korrekte Darstellung von Fechttechniken sein kann, ohne dabei die Dramatik zu verlieren. Dies beweist, dass historisch akkurate Kampfszenen nicht nur realistisch, sondern auch atemberaubend sein können – wenn sie mit Sorgfalt und ausreichend Fachwissen seitens des Choreografen und auch der Schauspieler inszeniert werden.

  1. INDES, Fachbereich Forschung ↩︎
  2. Merkvers von Talhofer, Transkribiert von Dieter Bachmann ↩︎
  3. https://wiktenauer.com/wiki/Gladiatoria_group
    ↩︎
  4. https://wiktenauer.com/wiki/Wiener_Fechtbuch_(Cod.11093) ↩︎

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