Nachdem die organisatorischen und inhaltlichen Eckpunkte gesetzt waren, rückte die technische Umsetzung in den Vordergrund. Kamerawahl, Equipmenttests, Generalprobe und die Anpassung des Storyboards bildeten die zweite Phase meiner Vorbereitungen. Ziel war es, nicht nur funktional bereit zu sein, sondern ein Gefühl für Bewegung, Timing und Blickführung im realen Raum zu entwickeln – und damit den Übergang von Theorie zu gelebter Praxis zu schaffen.
Welche Kamera? Eine Entscheidung zwischen Sicherheit und Risiko
Zu Beginn stand die Frage nach dem Kamerasystem im Raum. Die ersten Überlegungen wurden bald schon zu ambitioniert: Drehen mit einer Blackmagic URSA und Fokus-Pulling erledigt ein Kameraassistent. Der Gedanke klang reizvoll, doch die Sorge vor fehlenden Fokus bei bewegten Choreografien ließ mich zögern und spätestens nach Einholen einer zweiten Meinung ließ ich die Idee schnell wieder fallen.
Also fiel die Entscheidung bewusst auf Sicherheit und Vertrautheit: Meine Canon EOS R5. Eine Kamera, mit der ich seit Jahren fotografisch arbeite, die ich blind bedienen kann und deren Autofokusleistung im Fotobereich mich regelmäßig überzeugt. Für dieses Projekt wollte ich erstmals ihr volles Potenzial im Videobereich ausschöpfen. Was der Autofokus im Filmkontext wirklich leistet, sollte sich allerdings erst im Praxistest zeigen.
Gimbal-Test in der offenen Halle
In der Woche vor dem Dreh nahm ich mir eine Stunde Zeit für einen intensiven Gimbal-Test mit dem DJI Ronin RS2 Pro plus der auserkorenen Canon R5. Ziel war es Kamerabewegungen zu erproben, die korrekten Einstellungen im Gimbal passend für Actionszenen zu finden und zu erkennen, welche Objektive samt Brennweiten ich für den Dreh hauptsächlich einsetzen werde.
Die Location war die offene Halle meines HEMA-Vereins in Graz – ein vertrauter Ort, wenn auch diesmal mit ungewohnt leerem Trainingsbetrieb. Die Langschwert-Freifechter Gruppe, die sonst stets vor Ort war, fehlte, also nutzte ich die Gelegenheit, um die Tests mit der anwesenden Schwert-und-Buckler-Truppe und einem Solo-trainierenden Mitglied durchzuführen.

Trotz begrenzter Möglichkeiten war der Test aufschlussreich:
- Ich erprobte mich in allerlei Bewegungsmustern, Rotationen aus der Hüfte, Bewegungen nur aus den Armen, aktives Tracken von Fechtern, und vieles mehr um das Verhältnis von Körper- zu Kamerabewegung zu erproben.
- Ich entschied mich Brennweiten zwischen 35mm und 50mm zu verwenden
- Die Einstellungen des Gimbals wurden an die Dynamik angepasst – insbesondere die Follow Speed (schnell) Einstellungen justiert, damit der Gimbal bei schnellen Bewegungen mindestens genauso schnell und präzise reagieren kann und die Schauspieler*innen nicht aus dem Fokus verliert.
- Eine Stunde durchgehend mit dem Gimbal zu Arbeiten wird in den Armen spürbar. Auf Pausen am Drehtag achten!
Zwar konnte ich in dieser Umgebung nicht alle voraussichtlich geplanten Bewegungsbahnen realitätsgetreu simulieren, aber der Test war essenziell, um die Kamera-Gimbal-Kombination aufeinander abzustimmen und mein Bewegungsgefühl im Raum zu schärfen.
Generalprobe in Wien – Letzte Vorbereitungen und Üben direkt an den Schauspielern
Am Freitag, dem Vortag des Drehs, fand schließlich die Generalprobe auf der Donauinsel statt. Dieser Tag war für mich sehr wichtig, um das Zusammenspiel von Kamera und Choreografie live zu testen und auch für die Darsteller*innen war es eine gute Vorbereiten darauf, dass eine Kamera sich in unmittelbarer Nähe befindet und sie sich davon nicht ablenken lassen dürfen.
Besonders bei der Choreografie von Simon und Ben, die eine intensive Ring-Stunt mit Achsendrehung enthielt, zeigte sich, dass das Live sehen nochmal die Türen für neue Ideen öffnet. Mir kam daher während der Probe die Idee, vom Ursprünglichen Plan weg zu gehen und die Ringszene mit einer Kamerabewegung (Arc) auf die andere Achse zu befördern, eine Entscheidung, die sich im Nachhinein als goldrichtig herausstellte, da sie die Kamerakomplexität nochmal um eine Stufe anhob.
Die größte Herausforderung des Probe war allerdings nicht technischer, sondern meteorologischer Natur: Die Sonne. Mein Equipment – insbesondere Displayhelligkeit und Dynamikumfang – war auf Indoor-Bedingungen im Keller abgestimmt. In der prallen Nachmittagssonne auf der Donauinsel war die Displayablesbarkeit der Canon R5 nahezu null, was es unglaublich erschwerte zu erkennen, was ich genau filmte.
Storyboard Finalisierung: Letzte Nachtschicht vor dem Dreh
Die vielen Erkenntnisse aus der Generalprobe machten eine Überarbeitung des Storyboards unumgänglich. Was auf Papier funktionierte, wirkte live oft zu starr oder zu unübersichtlich. In einer späten Nachtaktion wurden daher das Storyboard und Shotlist neu strukturiert unde Einstellungen gestrichen oder ergänzt. Trotz Müdigkeit war diese Phase sehr produktiv: Das Storyboard wurde nicht nur korrigiert, sondern erstmals zur Gänze aufs Blatt gebracht, mit den gewonnenen Erkenntnissen aus der Generalprobe.

Fazit: Die Technik steht
Mit dem Abschluss der Vorbereitungen war klar: Kamera, Gimbal und Storyboard waren bereit – aber nicht in Stein gemeißelt. Vielmehr hatte ich jetzt das nötige Vertrauen in mein Setup, um am Drehtag flexibel reagieren zu können. Die Canon R5 hatte sich in der Vorbereitung bewährt, der Gimbal war eingestellt, und die Bewegungen der Fechter*innen waren mir nun nicht mehr nur auf dem einseitigen Smartphone Video vertraut.