Dritter Österreichischer Film Gender Report 

Der Dritte Österreichische Film Gender Report ist eine umfassende Studie, die die Geschlechterverhältnisse im österreichischen Filmschaffen für die Jahre 2020 und 2021 analysiert. Er setzt die Untersuchungen der beiden vorherigen Berichte des österreichischen Filminstituts und der Universität Innsbruck fort und bietet aktualisierte Daten sowie erweiterte Analysen. Der Bericht dient als Grundlage für Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung und Diversität im österreichischen Filmsektor.

Die Studie gliedert sich in drei Hauptteile:

Teil A: Untersuchung der Geschlechterverteilung in verschiedenen Bereichen des österreichischen Filmschaffens, mit besonderem Fokus auf die Kameraarbeit.

Teil B: Analyse der Darstellung von Frauen und Männern in österreichischen Kino-Spielfilmen und -Dokumentarfilmen, einschließlich weiterer Diversitätsaspekte wie sexuelle Orientierung, Migration und soziale Schicht.

Teil C: Betrachtung der Geschlechterverhältnisse in der österreichischen Filmförderung und in Entscheidungsgremien des Österreichischen Filminstituts.

Kernaussagen:

Anteil von Frauen

Frauen in „technischen“ Stabstellen wie Licht (8%), Ton (14%) oder Kamera (20%) sowie den machtvollen Kern-Departments Produktion (35%), Drehbuch (41%) und Regie(43%).

Geschlechterverhältnis im Kernteam 

Regie, Drehbuch, Produktion – zeigt, dass in den Jahren 2020 und 2021 nur 35% der Spiel- und Dokumentarfilme weiblich verantwortet waren, d.h. dass sie mehrheitlich oder exklusiv weibliche Kernteams hatten. Dagegen waren 55% männlich verantwortet. Im Spielfilm war das Verhältnis noch unausgeglichener: Nur jeder fünfte Spielfilm (20%) wurde von Frauen verantwortet, während im Dokumentarfilmbereich fast die Hälfte der Filme (48%) weiblich verantwortet waren.

Wenig Kamerafrauen

Männliche Kernteams arbeiteten beinahe ausschließlich mit Kameramännern. Aber auch weibliche Kernteams beschäftigen überwiegend Kameramänner: Nur knapp jede dritte (30%) der Kamerapersonen in Filmen mit weiblicher Verantwortung war eine Frau. In den Jahren 2012–2016 betrug der Frauenanteil in der Stabstelle Kamera im Durchschnitt 10%. Bis 2017–2021 stieg der Frauen- anteil um 10 Prozentpunkte auf 20%. Der Frauenanteil ist also angestiegen, verbleibt jedoch auf einem niedrigen Niveau.

Frauenanteil in der Filmförderung zwar gestiegen, aber mit 33 % immer noch zu niedrig

Nur ein Drittel aller in Kino und TV zugesagten Fördermittel ging an Frauen, das ist um ein Viertel mehr als noch in den Jahren 2017–2019. In der Kinoförderung wurde ein Anstieg auf 38 % erreicht, im Fernsehen gingen nach einer geringen Steigerung nur etwas mehr als ein Fünftel der Fördermittel an Frauen.

Der TV-Bereich ist weiterhin ein von Männern dominierter Sektor

Es gab kein einziges mehrheitlich weiblich verantwortetes TV-Serienprojekt, das eine

Förderungszusage erhielt – nur annähernd jedes 20. TV-Spielfilmprojekt war weiblich verantwortet, das galt auch für jede vierte TV-Dokumentation. Dieses massive Ungleichgewicht im TV-Bereich hat sich seit dem letzten Report nicht verbessert, bei den TV-Spielfilmen mit einem Minus von sechs Prozentpunkten sogar verschlechtert.

Der Nachwuchs ist weiblich! 

56% der Nachwuchsregisseur*innen der Filme mit Kinostart 2020–2021 waren Frauen. Bei den etablierten Regisseur*innen betrug der Frauenanteil nur 36%. Im Nachwuchs-Spiel- film wurden 41% der Filme weiblich verantwortet, was nahezu gleichauf mit den 42% der männlich verantworteten Filme liegt. Dagegen waren im Bereich des Etablierten-Spielfilms lediglich 6% der Filme weiblich verantwortet. Männlich verantwortete Filme machten hier einen überwältigenden Anteil von 82% aus. Im Dokumentarfilmbereich zeichnet sich ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis ab. Dies gilt sowohl im Nachwuchs- als auch im Etablierten-Film.

Männer erklären die Welt

In Dokumentarfilmen mit Kinostart zwischen 2020 und 2021 stellten Frauen mehr als die Hälfte (56%) der Protagonist*innen dar. Trotz dieses ausgeglichenen Geschlechterverhältnisses blieben Frauen auf der sprachlichen Ebene unterrepräsentiert: Nur 38% der gesamten Redezeit in diesen Filmen entfiel auf weibliche Protagonist*innen. Zudem zeigt sich eine klare Geschlechterdisparität in Bezug auf fachliche Expertise: Von allen Expert*innen, die in Dokumentarfilmen des Jahres 2020–2021 auftraten, waren lediglich 38% weiblich. Ein Rückblick über einen Zeitraum von zehn Jahren (2012–2021) zeigt, dass hier nur 26% der Expert*innen weiblich waren.

Darsteller:innen im Kinospielfilme 

2012-2019

Deutlich größere Unterschiede gab es jedoch in der Art der Darstellung: Weiblich verantwortete Filme repräsentierten häufiger von Männern unabhängige Frauenfiguren. Mehr als 80% der weiblich verantworteten Filme bestanden den Bechdel-Wallace-Test, während dies nur für die Hälfte der männlich verantworteten Filme zutraf.

(Quelle: Zweiter Österreichischer Film Gender Report, S. 4)

2020-2021

Im Zeitraum 2020–2021 gab es in österreichischen Kinospiel- filmen annähernd gleich viele weibliche wie männliche Haupt- figuren. Betrachtet man jedoch die Art der Darstellung mittels Bechdel-Wallace Test, so zeigen sich deutliche Unterschiede:

Im Zeitraum 2012–2021 bestanden 82 % der Spielfilme mit weib- lichen Kernteams diesen Test, was bedeutet, dass diese Filme eigenständige weibliche Hauptfiguren zeigten, die nicht ledig- lich auf Männer bezogen sind. Bei den männlich verantworteten Spielfilmen traf dies nur auf die Hälfte (51 %) zu. 

(Quelle: Dritter Österreichischer Film Gender Report, S. 4)

Bechdel-Wallace-Test

Der Bechdel-Wallace-Test (auch bekannt als Bechdel-Test) gilt als Methode, um die Repräsentation von Frauen im Film zu messen. Er geht aus dem Comic “Dykes to Watch Out For” der US-Amerikanischen Comiczeichnerin Alice Bechdel von 1985 hervor. Darin ließ sie eine ihrer Figuren erklären, dass diese nur Filme schaue, die die folgenden Kriterien erfüllen: 

Es gibt mindestens zwei Frauenrollen;
Die beide miteinander sprechen;
Und zwar über etwas anderes als einen Mann.

Die Idee aus dem Comic wurde in die Filmkritik übernommen und wird bis heute genutzt. Wenn ein Film alle drei Kriterien erfüllt, hat er den Bechdel-Wallace-Test bestanden. Der Test wurde im Laufe der Zeit um das Kriterium, dass die Frauenrollen Namen haben, erweitert.

(Quelle: https://sexismus-lexikon.de/glossary/?term=bechdel-test#terms-term-id-bechdel-test)

2012-2019

Ältere Männer kamen in den analysierten Spielfilmen doppelt so oft vor wie ältere Frauen. Frauen wurden auch öfter auf ihr Äußeres reduziert: Die Attraktivität weiblicher Figuren war in österreichischen Filmen dreimal häufiger Gesprächsthema als die Attraktivität männlicher Figuren. Wenn in österreichischen Kinospielfilmen sexualisierte Gewalt gezeigt wurde, erfolgte die Darstellung entlang gängiger Opfer-Täter-Narrative: Täter*innen waren meist Männer, Angegriffene meist Frauen.

(Quelle: Zweiter Österreichischer Film Gender Report, S. 4)

2020-2021

Untersucht wurde auch das Alter der Schauspieler*innen, die im Spielfilm Hauptfiguren verkörperten. Es zeigt sich, dass weib- liche Schauspieler*innen etwas häufiger in das Feld des jungen Erwachsenenalters fielen (circa Mitte 20 bis Anfang 40 Jahre), während sich das Alter der männlichen Schauspieler*innen brei- ter verteilte. Die Zeitspanne, in der weibliche Schauspieler*innen im österreichischen Film Engagements erhielten, war also kürzer als die ihrer männlichen Kolleg*innen.

(Quelle: Dritter Österreichischer Film Gender Report, S. 4)

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